Artus Excalibur
Jul. 31st, 2016 12:37 pm![[personal profile]](https://www.dreamwidth.org/img/silk/identity/user.png)
Freilichtbühne Tecklenburg, 30.Juli 2016, 20 Uhr
Nachdem ich nicht nach St. Gallen gefahren bin, war es klar, dass ich nach Tecklenburg fahre. Weil die Show ein paar Dinge hat, die ich wirklich gut finde, und weil Tecklenburg sich immer lohnt. Egal, was sie spielen. Wenn einen das Stück auch nur ansatzweise interessiert, ist das eine sichere Bank.
Hier war das Wetter gut, aber kurz vor Tecklenburg fing es an zu schütten und es sah auch weder so aus, als wäre das was Neues, noch, als wolle es kurzfristig damit aufhören. Wir haben uns natürlich trotzdem Hoffnungen gemacht, und wir hatten Glück - kurz vor Beginn flaute es ab. Ob es jemals für länger als ein paar Minuten ganz aufgehört hat, weiß ich nicht, aber es war trocken genug, dass sie gespielt haben. Reicht ja. Zuschauerraum ist überdacht.
Es geht im Wesentlichen darum, dass Merlin, der alles einst heilt, ein Schwert in einen Stein steckt, um so Artus, dem das in irgendeiner obskuren anderen Welt bestimmt worden ist, zum König zu machen. Der will nicht, aber weil Guinevere ihn für einen Helden hält, nimmt er sein Schicksal dann doch an und will Britannien zum Frieden führen. Was wiederum seiner Halbschwester Morgana, die Artus dafür verantwortlich macht, dass ihr gemeinsamer Vater sie geschlagen hat, und Loth von Orkney nicht passt. Außerdem verliebt sich Artus bester Freund Lancelot in Guinevere. Lots Männer töten Artus Ziehvater Ector, Artus kennt nichts anderes mehr als Rache, was seine Frau in die Arme seines besten Freundes treibt. Morgana vernichtet Merlin, Lancelot und Guinevere werden verbannt, und Artus - jetzt ganz auf sich alleine gestellt - sieht ein, wie viel Schuld er an dem ganzen Desaster trägt und entscheidet, trotzdem weiterzumachen, für die Menschen seines Landes. Lancelot kommt ihm in der Entscheidungsschlacht zur Hilfe und stirbt auf dem Schlachtfeld. Guinevere rettet Artus das Leben, als Morgana ein Attentat auf ihn verübt, und Artus vergibt ihr. Es gibt also doch noch Hoffnung und das Stück endet mit diesem Hoffnungsschimmer.
Es ist kein perfektes Stück. Gerade Morganas Motivation finde ich oft nicht besonders gut oder logisch und Artus ist nicht gerade der Hellste. Aber es gibt Artus' Beziehung zu Ector viel Raum, es macht deutlich, dass Guinevere immer Artus liebt und nicht Lancelot, und dass Lancelot die ganze Zeit über versucht, gegen seine Liebe zur Königin zu kämpfen. Nichts an dem Liebesdreieck ist auch nur ansatzweise romantisch. Und es gibt Artus selbst viel Raum. Für die Entwicklung vom Landei zum König, für seine Stärken und Schwächen und dafür, zu zeigen, wie schwer die Bürde eines guten Königs ist, und wie stark man dafür sein muss. Er versagt, er zahlt den Preis dafür, er sieht seine Fehler ein, rappelt sich wieder auf und macht weiter. Weil er der König ist und sein Land sich auf ihn verlässt.
Für diese Stärken ist es ein gutes Stück. Auch wenn Merlin und Morgana ein seltsames Duett über Begehren singen, das irgendwie gar keinen Sinn zu machen scheint.
Tecklenburg hat die Gewichtung eindeutig auf Artus gelegt und nicht auf Merlin und die Fäden, die er zieht. Sie haben viel Raum gegeben für die Entwicklung ihrer Hauptfigur und für sein Verhältnis zu den anderen Personen. Auch Lancelot und Guinevere bekommen viel Zeit - wobei Guineveres erstes großes Solo leider darunter litt, dass Lucan im Hintergrund mit einer Walküre ein Pas de Deux tanzte, das mit dem Lied nicht das geringste zu tun hatte. Es war ein tolles Pas de Deux, beide waren tolle Tänzer und die Choreographie war sehr zart und romantisch (Choreographie Kati Heidebrecht), aber es lenkte eben von dem ab, was wichtig war, und das was in diesem Moment Guinevere, die gerade Artus' Liebeserklärung und Heiratsantrag bekommen hat. Das fand ich schade für die Gewichtung - ich hab schon verstanden, dass das ankündigen sollte, das Lucan gleich stirbt. Immerhin waren die Walküren zu dem Zeitpunkt schonmal aufgetreten und hatten Tote eingesammelt.
Warum eigentlich Walküren, das ist mir auch nicht klar. Es hat mich sehr viel weniger gestört als erwartet und war als Kunstgriff schon okay, aber das Ganze spielt im Britannien der Dark Ages. Die Schilde haben keltische Symbole, alles trägt Leder. Und dann treten Walküren auf im Stahl-Schuppenpanzer und Flügelhelm, um die Toten wegzuführen. Kelten. Nach Walhalla. Klar.
Nicht drüber nachdenken, das ist das Beste.
Die Idee mit "Wir tanzen was im Hintergrund" haben sie im zweiten Akt nochmal gemacht, diesmal während des Duettes zwischen Merlin und Morgana, in dem die beiden über Begehren singen. Zwei Männer und zwei Frauen tanzen erotischen Ausdruckstanz. Auch das wieder toll getanzt und sehr gut choreographiert, aber es trägt wieder dazu bei, das man vom Lied selbst quasi gar nichts mehr mitbekommt. Fand ich da nicht so schlimm, weil das für die Handlung eigentlich vollkommen egal ist, aber das ist persönliche Gewichtung.
Wie immer passt die Burgruine sich wunderbar ein und wie immer wird Tecklenburgs riesige Statisterie gekonnt eingesetzt. Massen von Nonnen in Morganas Kloster, Massen von Untertanen, Massen von Leuten in den Schlachten. Die sind übrigens wirklich toll choreographiert, teils in Zeitlupe, teils spektatuklär (Kampf-Chroeographie Klaus Figge).
Die Kostüme waren gut - Leder für die Kämpfer, Roben für die Damen, seltsame unförmige Dinge für Merlin. Guinevere ist blond, so dass Lancelot von Korn singen kann, das ihn an ihr Haar erinnert. Morgana war braun/rot-haarig und, was mich besonders gefreut hat, das gesamte Stück über bedeckt. Das nahm viel von dem "die Rolle besteht nur aus Sex"-Unterton raus, und das macht den Charakter für mich stärker. Kompliment also.
Die Perücken waren eher seltsam. Gerade Artus sah merkwürdig aus, und Lot erinnerte stark an eine Mischung aus Thranduil aus dem Hobbit und einem Rauschgoldengel. Damit jeder sofort erkennt, wer Lots Sohn ist, hatte der dann auch die lange weißblonde Mähne... kann man mögen, muss man aber nicht.
Kommen wir jetzt zur Besetzung.
Artus (Armin Kahl) war zu alt für die Rolle. Gerade im ersten Akt kam das voll zum Tragen, weil ich ihm den naiven Jungen vom Lande für keine Sekunde abgekauft habe. Sarkastisch, ja, bitter, das auch, naiv, nein. Es nimmt der Rolle jeden Funken Charme und damit kann er nicht sofort die Sympathie einfahren, die das Publikum eigentlich für Artus aufbringen sollte, damit das Stück funktioniert. Es springt einfach kein Funke über, was aber dann doch dadurch gemildert wird, dass Herr Kahl einfach wundervoll singt. Er hat eine helle, klare Stimme voller Emotion, und außer in den wirklichen Brüll-Passagen singt er alles auch mühelos. Hin und wieder fiel es mir sehr viel leichter, Artus zu mögen, wenn ich ihn dabei nicht angesehen habe. Weil zu dieser wundervollen Stimme eben nicht das Spiel kam, das sie hätte begleiten müssen. Leider macht Tecklenburg keine Castaufnahmen...
Im zweiten Akt wurde es zum Glück besser, denn dann braucht Artus nicht mehr charmant zu sein, sondern nur noch wütend und verzweifelt, und das spielte Herr Kahl sehr beeindruckend. Er hat mich am Ende doch noch zum Weinen gebracht, mehr als einmal. Und, ich weiß, ich sage es jetzt zum dritten Mal, er hat eine wunderbare Stimme.
Trotzdem sichert gerade dieser erste Akt, das alle Sympathien sofort bei Lancelot (Dominik Hees) liegen. Auch er singt die Partie mühelos, er ist ein grandioser Schwertkämpfer - warum auch immer er als einziger Doppelklingen führen muss... Hommage an den Film "King Arthur"? - und spielt jede Facette seines Charakters absolut glaubhaft, vom treuen Freund bis zum verzweifelten Liebenden, der über diese Liebe vor allem Schuld fühlt. Einzig seinen Tod für den Freund in der Schlacht haben sie ein bisschen verschenkt - es ist keine Überraschung, dass Lancelot auftaucht, denn Merlin kündigt ihn an, und er stirbt nicht konkret, um Artus zu schützen, sondern halt in der Schlacht. Das wäre besser und stärker gegangen. Auch wenn Herr Kahl den Schmerz über Lancelots Tod beeindruckend spielt, nahm das schon etwas Kraft. Aber das ist Haarspalterei.
Merlin (Kevin Tarte) ist eine undankbare Rolle, die in diesem Stück vor allem dazu dient, dem Publikum die Zusammenhänge zu erklären und kryptische Bemerkungen zu machen. Und ein Duett mit Morgana zu singen und am Ende von ihr geküsst zu werden und dann von der Bildfläche zu verschwinden. Mit noch mehr kryptischen Bemerkungen. Das macht Herr Tarte alles sehr gekonnt, auch wenn die Partie ihn seltsamerweise hin und wieder an seine stimmlichen Grenzen zu führen scheint. Das hat mich überrascht, denn ich kenne ihn als sehr guten Sänger, so schwer ist Merlins Part eigentlich nicht... vielleicht hatte er einen schlechten Tag.
Die stärkste Frauenrolle des Stücks ist - Überraschung - Guinevere (Milicia Jovanovic). Die Rolle ist lyrisch angelegt, ohne dabei romantisch-süßlich zu werden. Guinevere steht für die Hoffnung, für den Glauben an Artus und eine bessere Zeit, und es steht für keine Sekunde im Zweifel, wen sie liebt und was das bedeutet. Sie ist die Stärke hinter Artus, der durch ihre Liebe und die Liebe zu ihr überhaupt erst die Kraft findet, seine Aufgabe anzunehmen, und sie ist bereit, alles für ihn zu tun, bis zum Letzten. All das zeigt Frau Jovanovic, ohne dass es auch nur für eine Sekunde kitschig wird. Im Gegenteil, die Stärke ihrer Liebe bleibt deutlich, ihre Bemühungen, zu ihrem Mann durchzudringen, ihre Trauer, die aber nie bitter wird... und ihre Stimme passt genau dazu. Leicht, klar, hell, stark und voller Emotion. Eine erstklassige Besetzung.
Morgana auf der Gegenseite wird wie gesagt von ihrem Vater-Komplex dominiert, hat also auf der Charakteraufbau-Seite keine gute Voraussetzung. Roberta Valentini spielt die Rolle mit Kraft, Power und starker Gesangsstimme, und betont vor allem Morganas Verbitterung. Die Rolle ist weniger auf Sex angelegt, darum bleibt ihre Beziehung zu Lot blutleer, und die Beziehung zu Merlin ist ohnehin vollkommen unklar. Sie ist halt der Haupt-Bösewicht der Show, und Frau Valentini füllt diesen Part problemlos. Das schwache Material ist nicht ihr anzukreiden.
Es hat sich also wie immer gelohnt. Toller Abend.
Nachdem ich nicht nach St. Gallen gefahren bin, war es klar, dass ich nach Tecklenburg fahre. Weil die Show ein paar Dinge hat, die ich wirklich gut finde, und weil Tecklenburg sich immer lohnt. Egal, was sie spielen. Wenn einen das Stück auch nur ansatzweise interessiert, ist das eine sichere Bank.
Hier war das Wetter gut, aber kurz vor Tecklenburg fing es an zu schütten und es sah auch weder so aus, als wäre das was Neues, noch, als wolle es kurzfristig damit aufhören. Wir haben uns natürlich trotzdem Hoffnungen gemacht, und wir hatten Glück - kurz vor Beginn flaute es ab. Ob es jemals für länger als ein paar Minuten ganz aufgehört hat, weiß ich nicht, aber es war trocken genug, dass sie gespielt haben. Reicht ja. Zuschauerraum ist überdacht.
Es geht im Wesentlichen darum, dass Merlin, der alles einst heilt, ein Schwert in einen Stein steckt, um so Artus, dem das in irgendeiner obskuren anderen Welt bestimmt worden ist, zum König zu machen. Der will nicht, aber weil Guinevere ihn für einen Helden hält, nimmt er sein Schicksal dann doch an und will Britannien zum Frieden führen. Was wiederum seiner Halbschwester Morgana, die Artus dafür verantwortlich macht, dass ihr gemeinsamer Vater sie geschlagen hat, und Loth von Orkney nicht passt. Außerdem verliebt sich Artus bester Freund Lancelot in Guinevere. Lots Männer töten Artus Ziehvater Ector, Artus kennt nichts anderes mehr als Rache, was seine Frau in die Arme seines besten Freundes treibt. Morgana vernichtet Merlin, Lancelot und Guinevere werden verbannt, und Artus - jetzt ganz auf sich alleine gestellt - sieht ein, wie viel Schuld er an dem ganzen Desaster trägt und entscheidet, trotzdem weiterzumachen, für die Menschen seines Landes. Lancelot kommt ihm in der Entscheidungsschlacht zur Hilfe und stirbt auf dem Schlachtfeld. Guinevere rettet Artus das Leben, als Morgana ein Attentat auf ihn verübt, und Artus vergibt ihr. Es gibt also doch noch Hoffnung und das Stück endet mit diesem Hoffnungsschimmer.
Es ist kein perfektes Stück. Gerade Morganas Motivation finde ich oft nicht besonders gut oder logisch und Artus ist nicht gerade der Hellste. Aber es gibt Artus' Beziehung zu Ector viel Raum, es macht deutlich, dass Guinevere immer Artus liebt und nicht Lancelot, und dass Lancelot die ganze Zeit über versucht, gegen seine Liebe zur Königin zu kämpfen. Nichts an dem Liebesdreieck ist auch nur ansatzweise romantisch. Und es gibt Artus selbst viel Raum. Für die Entwicklung vom Landei zum König, für seine Stärken und Schwächen und dafür, zu zeigen, wie schwer die Bürde eines guten Königs ist, und wie stark man dafür sein muss. Er versagt, er zahlt den Preis dafür, er sieht seine Fehler ein, rappelt sich wieder auf und macht weiter. Weil er der König ist und sein Land sich auf ihn verlässt.
Für diese Stärken ist es ein gutes Stück. Auch wenn Merlin und Morgana ein seltsames Duett über Begehren singen, das irgendwie gar keinen Sinn zu machen scheint.
Tecklenburg hat die Gewichtung eindeutig auf Artus gelegt und nicht auf Merlin und die Fäden, die er zieht. Sie haben viel Raum gegeben für die Entwicklung ihrer Hauptfigur und für sein Verhältnis zu den anderen Personen. Auch Lancelot und Guinevere bekommen viel Zeit - wobei Guineveres erstes großes Solo leider darunter litt, dass Lucan im Hintergrund mit einer Walküre ein Pas de Deux tanzte, das mit dem Lied nicht das geringste zu tun hatte. Es war ein tolles Pas de Deux, beide waren tolle Tänzer und die Choreographie war sehr zart und romantisch (Choreographie Kati Heidebrecht), aber es lenkte eben von dem ab, was wichtig war, und das was in diesem Moment Guinevere, die gerade Artus' Liebeserklärung und Heiratsantrag bekommen hat. Das fand ich schade für die Gewichtung - ich hab schon verstanden, dass das ankündigen sollte, das Lucan gleich stirbt. Immerhin waren die Walküren zu dem Zeitpunkt schonmal aufgetreten und hatten Tote eingesammelt.
Warum eigentlich Walküren, das ist mir auch nicht klar. Es hat mich sehr viel weniger gestört als erwartet und war als Kunstgriff schon okay, aber das Ganze spielt im Britannien der Dark Ages. Die Schilde haben keltische Symbole, alles trägt Leder. Und dann treten Walküren auf im Stahl-Schuppenpanzer und Flügelhelm, um die Toten wegzuführen. Kelten. Nach Walhalla. Klar.
Nicht drüber nachdenken, das ist das Beste.
Die Idee mit "Wir tanzen was im Hintergrund" haben sie im zweiten Akt nochmal gemacht, diesmal während des Duettes zwischen Merlin und Morgana, in dem die beiden über Begehren singen. Zwei Männer und zwei Frauen tanzen erotischen Ausdruckstanz. Auch das wieder toll getanzt und sehr gut choreographiert, aber es trägt wieder dazu bei, das man vom Lied selbst quasi gar nichts mehr mitbekommt. Fand ich da nicht so schlimm, weil das für die Handlung eigentlich vollkommen egal ist, aber das ist persönliche Gewichtung.
Wie immer passt die Burgruine sich wunderbar ein und wie immer wird Tecklenburgs riesige Statisterie gekonnt eingesetzt. Massen von Nonnen in Morganas Kloster, Massen von Untertanen, Massen von Leuten in den Schlachten. Die sind übrigens wirklich toll choreographiert, teils in Zeitlupe, teils spektatuklär (Kampf-Chroeographie Klaus Figge).
Die Kostüme waren gut - Leder für die Kämpfer, Roben für die Damen, seltsame unförmige Dinge für Merlin. Guinevere ist blond, so dass Lancelot von Korn singen kann, das ihn an ihr Haar erinnert. Morgana war braun/rot-haarig und, was mich besonders gefreut hat, das gesamte Stück über bedeckt. Das nahm viel von dem "die Rolle besteht nur aus Sex"-Unterton raus, und das macht den Charakter für mich stärker. Kompliment also.
Die Perücken waren eher seltsam. Gerade Artus sah merkwürdig aus, und Lot erinnerte stark an eine Mischung aus Thranduil aus dem Hobbit und einem Rauschgoldengel. Damit jeder sofort erkennt, wer Lots Sohn ist, hatte der dann auch die lange weißblonde Mähne... kann man mögen, muss man aber nicht.
Kommen wir jetzt zur Besetzung.
Artus (Armin Kahl) war zu alt für die Rolle. Gerade im ersten Akt kam das voll zum Tragen, weil ich ihm den naiven Jungen vom Lande für keine Sekunde abgekauft habe. Sarkastisch, ja, bitter, das auch, naiv, nein. Es nimmt der Rolle jeden Funken Charme und damit kann er nicht sofort die Sympathie einfahren, die das Publikum eigentlich für Artus aufbringen sollte, damit das Stück funktioniert. Es springt einfach kein Funke über, was aber dann doch dadurch gemildert wird, dass Herr Kahl einfach wundervoll singt. Er hat eine helle, klare Stimme voller Emotion, und außer in den wirklichen Brüll-Passagen singt er alles auch mühelos. Hin und wieder fiel es mir sehr viel leichter, Artus zu mögen, wenn ich ihn dabei nicht angesehen habe. Weil zu dieser wundervollen Stimme eben nicht das Spiel kam, das sie hätte begleiten müssen. Leider macht Tecklenburg keine Castaufnahmen...
Im zweiten Akt wurde es zum Glück besser, denn dann braucht Artus nicht mehr charmant zu sein, sondern nur noch wütend und verzweifelt, und das spielte Herr Kahl sehr beeindruckend. Er hat mich am Ende doch noch zum Weinen gebracht, mehr als einmal. Und, ich weiß, ich sage es jetzt zum dritten Mal, er hat eine wunderbare Stimme.
Trotzdem sichert gerade dieser erste Akt, das alle Sympathien sofort bei Lancelot (Dominik Hees) liegen. Auch er singt die Partie mühelos, er ist ein grandioser Schwertkämpfer - warum auch immer er als einziger Doppelklingen führen muss... Hommage an den Film "King Arthur"? - und spielt jede Facette seines Charakters absolut glaubhaft, vom treuen Freund bis zum verzweifelten Liebenden, der über diese Liebe vor allem Schuld fühlt. Einzig seinen Tod für den Freund in der Schlacht haben sie ein bisschen verschenkt - es ist keine Überraschung, dass Lancelot auftaucht, denn Merlin kündigt ihn an, und er stirbt nicht konkret, um Artus zu schützen, sondern halt in der Schlacht. Das wäre besser und stärker gegangen. Auch wenn Herr Kahl den Schmerz über Lancelots Tod beeindruckend spielt, nahm das schon etwas Kraft. Aber das ist Haarspalterei.
Merlin (Kevin Tarte) ist eine undankbare Rolle, die in diesem Stück vor allem dazu dient, dem Publikum die Zusammenhänge zu erklären und kryptische Bemerkungen zu machen. Und ein Duett mit Morgana zu singen und am Ende von ihr geküsst zu werden und dann von der Bildfläche zu verschwinden. Mit noch mehr kryptischen Bemerkungen. Das macht Herr Tarte alles sehr gekonnt, auch wenn die Partie ihn seltsamerweise hin und wieder an seine stimmlichen Grenzen zu führen scheint. Das hat mich überrascht, denn ich kenne ihn als sehr guten Sänger, so schwer ist Merlins Part eigentlich nicht... vielleicht hatte er einen schlechten Tag.
Die stärkste Frauenrolle des Stücks ist - Überraschung - Guinevere (Milicia Jovanovic). Die Rolle ist lyrisch angelegt, ohne dabei romantisch-süßlich zu werden. Guinevere steht für die Hoffnung, für den Glauben an Artus und eine bessere Zeit, und es steht für keine Sekunde im Zweifel, wen sie liebt und was das bedeutet. Sie ist die Stärke hinter Artus, der durch ihre Liebe und die Liebe zu ihr überhaupt erst die Kraft findet, seine Aufgabe anzunehmen, und sie ist bereit, alles für ihn zu tun, bis zum Letzten. All das zeigt Frau Jovanovic, ohne dass es auch nur für eine Sekunde kitschig wird. Im Gegenteil, die Stärke ihrer Liebe bleibt deutlich, ihre Bemühungen, zu ihrem Mann durchzudringen, ihre Trauer, die aber nie bitter wird... und ihre Stimme passt genau dazu. Leicht, klar, hell, stark und voller Emotion. Eine erstklassige Besetzung.
Morgana auf der Gegenseite wird wie gesagt von ihrem Vater-Komplex dominiert, hat also auf der Charakteraufbau-Seite keine gute Voraussetzung. Roberta Valentini spielt die Rolle mit Kraft, Power und starker Gesangsstimme, und betont vor allem Morganas Verbitterung. Die Rolle ist weniger auf Sex angelegt, darum bleibt ihre Beziehung zu Lot blutleer, und die Beziehung zu Merlin ist ohnehin vollkommen unklar. Sie ist halt der Haupt-Bösewicht der Show, und Frau Valentini füllt diesen Part problemlos. Das schwache Material ist nicht ihr anzukreiden.
Es hat sich also wie immer gelohnt. Toller Abend.