Jun. 1st, 2024

blauerfalke: (erzählen)
von John Kampfner

Mr. Kampfner ist Brite, Journalist und war viele Jahre lang Auslandskorrespondent in Bonn und Ostberlin. Das Buch ist von Frühling 2021, also mitten in der Pandemie erschienen, und beschäftigt sich mit der Frage, wie gut Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern wirklich da steht. Und die Antwort ist: ziemlich gut. Wirtschaftlich, finanziell, im Lebensstandard seiner Bevölkerung, im Standard seines Gesundheitswesens... weniger in Digitalisierung oder ÖPNV. Oder auch, wenn es darum geht, seine Großfirmen davon abzuhalten, sich für allmächtig und über dem Gesetz stehend zu halten. Aber im Ganzen gesehen ist es eine sehr positive Bilanz, so wie der Titel des Buches vermuten lässt. Was viele Deutsche, mit denen der Autor während seiner Recherche gesprochen hat, sehr überrascht hat. Aber auch das ist eine deutsche Tugend: Hinterfragen.

Hinterfragen, was man tut, darüber nachdenken, was man tun sollte. Langfristig planen. Wenig Risikobereitschaft. Vernunft. Deutschland hat keine Vergangenheit, aus der es seinen Stolz oder gar Überheblichkeit ziehen könnte, so wie Frankreich, die USA, Russland oder Großbritannien (das Autor naturgemäß am häufigsten als Vergleich hinzuzieht, schließlich schreibt er für seine Landsleute). Deutschland kann nicht darauf pochen, Recht zu haben, weil es per se immer Recht hatte und alleine darum großartig ist. Außerdem scheut sich Deutschland vor Hurrah-Patritismus und generell davor, mit seiner Stärke herumzuprotzen. Was es könnte, denn Deutschland hat die stärkste Wirtschaft Europas, die geringste Inflationsrate, die niedrigsten Energiekosten, und riesige Herausforderungen wie die Wiedervereinigung, an der andere Länder zusammengebrochen wären, gemeistert. Nicht zu vergessen hat sich herausgestellt, dass sein föderalistisches System z.B. bei Pandemien enorme Vorteile bietet; und dass seine Spitzenpolitiker sich mehr dafür interessieren, Politik zu machen als für Boulevardpressen-Schlagzeilen zu sorgen, ist auch etwas, wovon sich andere Länder eine Scheibe abschneiden könnten. Partygate lässt grüßen, und nicht zu vergessen das gerade erst durchgestandene Brexit-Chaos.

Es ist ein sehr nüchternes Buch und ich fand es stellenweise auch trocken. In schöner deutscher Manier bin ich bei einigem skeptisch, was Mr. Kampfner schreibt, aber im Großen und Ganzen stimme ich doch mit dem überein, was er als Deutschlands Tugenden aufführt (und in schöner Deutscher Manier bin ich von Dingen wie der Überlegenheit der sozialen Marktwirschaft entgegen dem freien Kapitalismus überzeugt). Gerade im Zusammenhang mit Trump, Johnson etc. war ich auch immer dankbar, dass bei uns anders Politik gemacht wird.
Und ich hoffe wirklich, dass das so bleiben wird, denn die Wahl nächstes Jahr wird hart. Da kann ich Mr. Kampfners optimistisches Vertrauen in mein Land leider nicht teilen.

Um zu zeigen, wie weit Mr. Kampfners Einsicht in die deutsche Sichtweise reicht, vielleicht dieser Satz (sinngemäß): "Das, was in den USA das Waffengesetz ist, ist in Deutschland die Höchstgeschwindigkeit auf der Autobahn." Es ist die gleiche Klientel, in beiden Fällen, die darauf als Grundrecht pocht - konservativ, kapitalistisch, männlich. Treffend erkannt.

Interessant und sachlich. Und mal andere Blickwinkel zu sehen, ist auch immer nützlich.
blauerfalke: (reisen)
Zülpich - Stadtslogan: "Die Römerstadt" - ist eine Stadt in der gleichnamigen Börde, in der Voreifel im Rheinland. Es hat ca 21 000 Einwohner und seit ein paar Jahren auch wieder einen Anschluss ans Gleisnetz, der von der Rurtalbahn bedient wird. Die sogenannte Bördebahn fährt täglich einmal pro Stunde zwischen Düren und Euskirchen (und in Gegenrichtung), und überbrückt die Strecke deutlich schneller, als man das mit dem Auto schaffen würde. Vom Zülpicher Bahnhof muss man dann allerdings etwa 1 km in die Innenstadt laufen (oder Bus fahren).

Wie alle Orte in der Gegend, deren Namen auf -ich enden, hat auch der Name Zülpich seine Wurzeln im keltischen Sprachraum. Seit der Römerzeit, belegt im 1.Jahrhundert, ist Zülpich unter dem Namen Tolbiacum besiedelt und vor allem dafür bekannt, dass hier im 5.Jahrhundert die Schlacht von Zülpich stattgefunden haben soll (Chlodwig I. gegen die Alemannen, er gewann, schrieb seinen Sieg dem christlichen Gott zu und ließ sich umgehend taufen). Gesichert ist dagegen, dass Tolbiacum Teil des Verwaltungsbezirkes Colonia Claudia Ara Argippinensum (Köln) war, weshalb die Tolbiacer das Recht hatten, sich Agrippinenser zu nennen.

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