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Film von Tom Hooper "based on the musical"
Warnung 1: Spoiler
Warnung 2: Es wird sehr lang.
Warnung 3: Das ist KEINE Filmkritik
"Cats" kann man nicht als Film kritisieren. Als Film ist es nämlich vollkommen unerträglich. Niemand sollte sich das als Film ansehen, und ich kann mir auch nicht vorstellen, dass sich jemand das freiwillig als Film ansieht. Als Film betrachtet ist es so schlecht, wie es nur sein kann, denn alles, was sie machen, was den Gesetzen des Films entspricht, geht nach hinten los und macht es noch furchtbarer.
Abgesehen davon kann ich mir auch nicht vorstellen, dass jemand in diesen Film gehen würde, der noch nie in einem Musical war, oder auch nur, noch nie in "Cats" war. Ich meine, warum? Vielleicht, weil die Theaterkarten so teuer sind und es mal gesehen zu haben? Okay, aus dem Grund war ich damals in "Das Phantom der Oper", aber ich gehe auch so in Musicals und wusste, auf was ich mich einlasse. Vollkommen unbedarft in "Cats" zu gehen, könnte jeden davon überzeugen, die nächsten zwei Jahre gar nicht mehr ins Kino zu gehen.
Darum ist das hier keine Filmkritik, sondern eine Musical-Kritik. Die Kritik einer neuen Inszenierung von "Cats", von der ich sehr, sehr, sehr hoffe, dass sie nicht der neue Standard werden wird. Bei allem, was sie "Cats" in den letzten Jahren angetan haben, ist es ihnen doch nie gelungen, die Show zu töten. Auch dieser Version ist es nicht gelungen, auch wenn sie sie mehr zerfleischt haben als jemals zuvor. Und damit sollte endgültig bewiesen sein: "Cats" ist unsterblich.
Beginnen wir mit etwas Positivem: Die Kulissen. London. Bei Nacht, im Zwielicht, zum Sonnenaufgang. Soho, Picadilly Circus, Trafalgar Square, Themse. Offenbar spielt das Ganze zu Beginn des 20.Jahrhunderts, wahrscheinlich 20er Jahre, dem Auto nach zu urteilen. All das sieht super aus. Es ist schäbig, es ist erhaben, es hat schöne Details, es hat Atmosphäre. Es gibt viele schöne Schilder an Hotels, Kneipen oder Theatern, es gibt Werbetafeln und Zeitungsseiten, und alle haben irgendwie Katzenbezug. Von der gigantischen Bastet-Statue vor "The Egyptian", wo der Ball stattfindet, über das "Feral Hotel" und die "Milk Bar" bis zum "Drink more Milk!"-Aufruf. Da hat sich jemand Gedanken gemacht, da hat jemand Humor bewiesen. Das ist unterhaltsam und nostalgisch und sieht einfach gut aus. Das ist London aus Katzensicht.
Zweites Lob: Wer auch immer diese Ohren animiert hat, hat einen echt guten Job gemacht. Ob sie gut aussehen oder nicht, bin ich mir nicht so sicher, weil der Rest der Animation der Katzen überhauptnicht funktioniert, aber der, der die Bewegung animiert hat, hat gewusst, was er tut. Die Ohren bewegen sich viel und sie bewegen sich immer stimmig. Da war mehr über Stimmung und Seelenleben dran abzulesen als an den Gesichtern.
Zu denen ich jetzt als Erstes komme, weil mich das einfach stört, schon von dem Moment an, als sie das neue Grizabella-Kostüm in die Bühnenshow einführten, damit man das Gesicht des Stars, die die Rolle spielt, erkennt. Für mich vollkommen unverzeihlich.
Das ist "Cats". "Cats" war noch nie eine Starshow, auch wenn sie Stars hervorgebracht hat und jeder Plattenstar der Welt wahrscheinlich eine Aufnahme von "Memory" gemacht hat. Es gehört zur Natur der Show, dass sich die Darsteller unkenntlich zuschminken, denn das trägt dazu bei, in die Welt einzutauchen. Die Magie von "Cats" basiert darauf, dass eine hochtalentierte Cast aus tripple threads knapp drei Stunden so tut als seien sie Katzen, und dass das Publikum ihnen das abnimmt! Das geht nicht, wenn man ständig den Menschen unter dem Kostüm sieht - das geht in der Bühnenshow nicht, die es zum Glück bis jetzt auf Grizabella beschränkt, und das geht im Film nicht, wo sie es jeder einzelnen Katzen antun. John Napier hat für "Cats" grandioses Makeup entworfen - im Film muss man sicherstellen, dass all die Stars, die sie engagiert haben, zu erkennen sind. Niemand sieht Old Deuteronmy, jeder sieht Judy Dench. Ich sags nochmal: unverzeihlich.
Dazu kommt noch, dass diese menschlichen, mit Fell überzogenen Gesichter auch noch unnatürlich, generisch, leblos und irgendwie falsch aussehen. Ganz, ganz schwerer Fehler - von der Musical-Warte aus ohnehin, aber auch von der Filmwarte her. Theaterfans sind bereit, beim Realismus Abstriche zu machen, Filmfans wollen eine perfekte Animation. Und das bietet "Cats" nicht. Nichtmal annäherungsweise. Das beste Wort, das ich für die Gesichter habe, ist "draufmontiert". Bei den Katzen, bei den Mäusen, bei den Kakerladen. Alles gleichermaßen scheußlich.
Natürlich haben die Katzen auch Fell. Das ist recht gut animiert, aber eher belanglos für alles, was passiert. Schwerwiegender da schon die Entscheidigung, die Stulpen wegzulassen, denn so sind die Silhouetten eindeutig menschlich. Wie war das mit der Illusion? (Sidenote: Hände und Füße scheinen gar kein Fell zu haben. Nackt halt und menschlich.)
Zudem ist das Design der meisten Katzen vollkommen generisch, so dass abgesehen von der Handvoll Hauptcharaktere alle zu einer gesichtslosen Hintergrundgruppe verschwimmen. Wahrscheinlich soll das Realismus zeigen - hätte man nicht die Designs der Bühnenshow realistisch übertragen können? Bei den Hauptcharakteren hat's ja auch sowas wie geklappt, und John Napier hat da schon mehr als fünf Kostüme designed...
Zum Glück wird wenigstens immer noch getanzt. "Cats" ist eine Tanzshow. Seit Tuggah damals in London scheint aber irgendjemand der Meinung zu sein, dass der einzige für Katzen wirklich passende Tanzstil Breakdance ist. Das hat damals nicht funktioniert und das funktioniert auch jetzt nicht. Egal, wie berühmt die "Twins" sind, da die Vortänzer machen, das ist einfach vollkommen unpassend. Die Rollen heißen übrigens laut Abspann Plato und Sokrates und sind die Einzigen, die durchgängig Schuhe tragen. Sneaker, wenn ichs richtig gesehen habe.
Um das Thema Schuhe gleich abzuhandeln: Warum trägt Bombalurina Absatzschuhe? Warum tragen alle anderen keine Schuhe, außer in der Skimble-Stepp-Sequenz? Und warum tragen sie da Schuhe? Soll das symbolisch sein?
Okay, zurück zum Tanz. Irgendwo in der Planung dieser Show ist die wunderbare Choreographie von Gillian Lynn verloren gegangen, und dann hat Andy Blankenbuhler etwas geschrieben, was zwar durchaus ansprechend aussieht, aber eben zum Großteil nicht katzenhaft. Ich war jedesmal dankbar, wenn jemand Ballett tanzte - wenn auch nur kurz, weil dann unweigerlich sofort etwas erfolgte, was eindeutig CGI war, wie Herumfliegen, senkrecht eine Wand hoch laufen, durch den ganzen Saal springen... Viel davon sieht schlecht animiert aus, und es verleiht den beeindruckenden tänzerischen Momenten einen schalen Beigeschmack, denn das könnte ja auch CGI ein. Manchmal frage ich mich, ob es tatsächlich unmöglich ist, eine Gruppe guter Tänzer einfach nur tanzen zu lassen... wahrscheinlich schon.
Wenigstens sind die grundsätzlichen Bewegungsmuster der Katzen noch die, die Gillian Lynn damals kreiert hat, und die sich fest in jede Art von Katzendarstellung weltweit gebrannt haben. Ein kleiner Trost.
Da tanzen in dieser Version nicht ausreicht, brauchen wir jetzt eine Handlung und Dialoge. Das trägt auch dazu bei, der Masse von Katzen Herr zu werden und alles auf eine handvoll Katzen zu konzentrieren, die ständig vorkommen, und den Rest zur Staffage zu machen. Eine der großen Stärken von "Cats" war immer, dass jede noch so kleine Rolle auf der Bühne einen eigenen Charakter hatte - hier fällt es schwer, überhaupt von Charakteren zu sprechen. Bestenfalls von Schablonen.
Da hätten wir zuerst unsere Hauptrolle, Viktoria. In der Bühnenshow ist Viktoria, auch bekannt als "The White Cat", eine sehr junge Katze, und eine Tanzrolle. Folgerichtig wurde sie hier mit einer Ballett-Tänzerin besetzt (Francesca Hayward), die auch sehr gut tanzt (aber wie gesagt, CGI... wer weiß...). Außerdem wird Viktoria zu Beginn des Ganzen ausgesetzt, sprich, man wirft sie in einem Sack in den Müll. Die Jellicles finden sie und kümmern sich um sie, allen voran Munkustrap - ich hatte ja schon befürchtet, dass er der Love Interest wird (Kein Film ohne Love Interest! Nicht bei einer jungen, schönen und unschuldigen Heldin! Geht gar nicht!), aber dann fiel Mistoffelees bei dem Versuch eines Zaubertricks von einem Grabstein und ich konnte beruhigt sein.
Viktoria ist also die Neue, aber alle finden sie nett, schön, bezaubert und einfach absolut toll, so dass sich alle Kater darum reißen, mit ihr zu tanzen, sogar Tugger sie ansingt, und dass sie sich herausnehmen kann, zu fordern, dass Grizabella angehört wird. Kurz, sie ist in etwa die plakativste Mary Sue, die ich in den letzten Jahren gesehen habe. Vergleichbar mit Bella aus der "Twilight"-Reihe.
Davon, dass das Libretto des neuen, extra für die Rolle geschriebenen Songs, ihr abverlangt, darüber zu singen, dass das einsame Wandern durch London jetzt endlich ein Ende hat, möchte ich gar nicht erst anfangen - sie ist noch keine fünf Meter einsam durch London gelaufen! Es war ständig wer da, der sich um sie gekümmert hat!
Zweiter in der Reihe, und zwar vor allem, weil er sowas wie Charakterdarstellung kriegt: Mistoffelees. Zauberkater und erwähnter Love Interest.
Erster Pluspunkt: Er sieht ganz nett aus. Seine Fellzeichnung ist nicht "schwarz von den Ohrn zu den Zehen", auch wenn er das noch immer singt, aber sie hat eine asymmetrische Färbung im Gesicht, und das lässt es weniger menschlich aussehen, das ist schon viel wert. Der Darsteller heißt Laurie Davidson. Ob er tanzen kann, lässt sich schwer sagen, aber er spielt den schüchternen, etwas tolpatschigen Zauberkater charmant, und das Kostüm, das aus mir vollkommen unverständlichen Gründen neben dem Zylinder auch eine Cockney-Perlmutt-Jacke beinhaltet, sieht erstaunlich gut aus. Er kriegt sowas wie Charaktermomente als Träumer und auch als treuer Freund, auch das ist hilfreich. Auch scheint der Schauspieler nicht bekannt genug zu sein, dass mit aller Gewalt ein Image bedient werden muss. Noch hilfreicher. Tatsächlich sowas wie ein Lichtblick in der ganzen Sachen.
Judy Dench spielt das Katzenoberhaupt Old Deuteronomy, das in der deutschen Version noch immer Alt Deuteronimus heißt anstatt Deuteronima... naja. Ich bin Starlight-Fan, über Gender-Diskussionen bin ich schon lange hinaus. (Sidenote: Sie singen Wiener Text mit Abwandlungen. Wahrscheinlich, damit sie Herrn Kunze und sämtlichen Tournee-Veranstaltern keinen Tantiemen zahlen müssen.)
Frau Dench ist sehr bekannt, darum ist sichergestellt, dass in jeder Sekunde Frau Dench in einem schlecht sitzenden Fellkostüm zu sehen ist, die sich ab und an auch noch für Frau Dench unpassend bewegt. Die deutsche Fassung hat zwei Synchronsprecherinnen für die Rolle, eine für Sprache und eine für Gesang. Trotzdem klingt es wie Judy Dench (ich habe auch die englische Fassung gehört), und gesanglich ist das jetzt nicht unbedingt ein Kompliment.
Charakterlich ist der beste Moment die Tatsache, dass sie sich weigert, Macavity zur erwählten Katze zu erklären, auch wenn der sie über die Planke schicken will.
Bleiben wir bei Macavity. Gespielt von Idris Elba in Pelzmantel und Cowboyhut, der damit kein bisschen katzenhaft mehr aussieht, dafür aber wenigstens immer deutlich zu erkennen ist und nicht singen kann. Auch seine deutsche Synchronstimme gibt sich Mühe, genauso zu klingen, aber da Macavity nur einen einzigen Satz Solo singt, lässt sich das im Chor gut verbergen.
Wie in den modernisierten Fassungen der Bühnenshow taucht Macavity zu allen passenden und unpassenden Gelegenheiten auf und löst sich dann wieder in Luft auf. Dazwischen entführt er seine Mitbewerber um die Erwählung für das neue Leben, damit er gewinnt, und natürlich showgemäß auch Old Deuteronomy. Am Ende hängt er sich an den Ballon, der Grizabella zum Heavy Side Layer bringt, fällt aber runter und sitzt dann auf dem Hut der Nelson-Statue von Trafalgar Square fest, weil er sich plötzlich nicht mehr in Luft auflösen kann. Warum nicht, warum er das vorher konnte oder warum er überhaupt nur erwählt werden wollte, bleibt vollkommen unklar. Weil halt. Er ist halt der Bösewicht der Show.
Besagte Mitbewerber um das neue Leben sind übrigens alle, die ein Lied singen. Jennyanydots, Bustopher Jones, Gus, Skimbleshanks. Theoretisch auch Mungojerrie und Rumpleteazer, aber mei, die arbeiten halt mit Macavity zusammen. Warum irgendwer von diesen Katzen das neue Leben will, ist außer bei Gus ebenso unklar, aber der, Jenny und Bustopher sind weitere mit Stars besetzte Rollen, und jeder von ihnen ist wichtig und bekannt genug, dass er erkannt werden muss, typische Manierismen mit in die Rolle einbringen muss damit jede Art von Charakterdarstellung vollkommen unmöglich macht. Das sind nicht Jennyanydots, Bustopher Jones und Gus, sondern Rebel Wilson, James Corden und Ian McKellan in schlechten Kostümen, die eben ihr Ding machen. Frau Wilson und Herr Corden sind Comedians, also machen sie Comedy-Nummern. Herr McKellan ist ein ernsthafter Schauspieler, also macht er ernsthaftes Schauspiel. Nichts davon hat irgendwas mit "Cats" zu tun.
Von Skimbleshanks möchte ich nicht weiter reden. Sein Darsteller heißt Steven McRae, nur der Vollständigkeit halber, aber an der Rolle stimmte gar nichts mehr. Begonnen beim Kostüm, über die ständigen Platzwechsel quer durch London während des Songs bis hin dazu, dass er stimmlich viel zu jung für sein Aussehen klang. Am besten ganz schnell vergessen.
Dann bleibt da noch der mit dem meisten Text, und an den sich am Ende der Show jeder erinnern kann, weil er ständig im Bild ist, ohne dass irgendwer seinen Namen weiß oder dass wir auch nur das geringste bisschen über seinen Charakter erfahren haben. Er ist konturenlos gräulich-weiß und hat eine generische Fellzeichnung. Wäre er also nicht ständig im Bild, er würde problemlos in der Masse verschwinden - aber er muss sich halt ständig um die arme, beschützenswerte Viktoria kümmern oder was singen. Kurz fürs Protokoll: Die Rolle heißt Munkustrap. Charaktermomente gibts nicht. Keinen einzigen. Er ist halt da und singt was. Meistens über irgendeine Katze.
Der Darsteller heißt Robbie Fairchild und scheint so unbekannt zu sein, dass er nicht mal eine Wikipedia-Seite hat. Dafür ist er aber Tänzer und Schauspieler und hat Musical-Erfahrung. Darum kennt er wahrscheinlich auch die Bühnenshow und kann sich doch sowas wie katzenhaft bewegen. Zudem singt in der deutschen Fassnung Patrick Stanke, der das auch erwartungsgemäß gut macht.
Sprich, vom Charakter selbst ist nichts übriggeblieben, aber als generische Vordergrundkatze ist es recht gut. Was im Grunde genommen schon sehr viel wert ist.
Ferner liefen hätten wir dann Mungojerrie und Rumpleteazer, deren Duett spaßig und rasant ist, die aber nachher wieder in die Masse abtauchen, Rum Tum Tugger, dessen Solo angemessen wild und unnötig hektisch wirkt und der danach ebenso wieder in die Masse abtaucht, und Taylor Swift, die den Bühnennamen Bombalurina trägt, überhaupt zu ihrem Solo "Macavity" erst auftritt, Absatzschuhe trägt, sich kein bisschen katzenhaft bewegt und am Ende des Films spurlos verschwindet, weil Macavity sie und sich in Luft auflöst, aber nur sich wieder materialisiert.
Oh, und es gibt natürlich auch eine Grizabella. Gespielt von Jennifer Hudson, deutsche Stimme Patricia Meeden. Die macht das, was Grizabellas jetzt immer machen müssen: Sie piepst ihr "Erinnerung" vor sich hin und haut dann die letzte Strophe richtig mit Kraft raus.
Spielerisch beschränkt sich die Rolle darauf, sich irgendwo zusammenzukauern und/oder zu weinen. Irgendwer sagt, dass sie so heruntergekommen ist, weil sie sich mit Macavity eingelassen hat. Klar. Macavity ist immer alles Schuld, der ist ja der Bösewicht der Show. Das ist wie bei "Sherlock", da ist es auch immer Moriatry.
Es ist "Cats", aber umgeschrieben. In etwa das, was sie in Bochum mit "Starlight Express" gemacht haben, aber im Vergleich dazu sehr viel weniger weit gegangen. Darum sind Bruchstücke der Magie noch da - ich habe tatsächlich drei- oder viermal gedacht "so schlimm ist es ja gar nicht". Und dann machen sie wieder was total Furchtbares. Alleine, dass man auf eine Laufzeit von knapp zwei Stunden den "ich schlag dir was in die Eier"-Gag zweimal bringen muss... Nochmal: Es geht um Katzen. Ja, ein bisschen sind die Texte von T. S. Eliot auch eine Persiflage auf die damalige Gesellschaft, aber das war wohl zu subtil, um sich damit zu beschäftigen, darum musste die neue Handlung plakativ werden. Was der Film aber vor allem mal wieder beweist ist, dass "Cats" eine Ensembleshow ist. Sie lebt davon, dass jede dieser Katzen ein eigener Charakter ist, das ist ein wichtiger Teil ihres Zaubers und ihrer Energie. Bekommen diese Charaktere nicht die nötige Sorgfalt, wird es kritisch. Selbst das Stadttheater Koblenz hatte das begriffen, Herrn Hooper ist es leider entgangen.
Lassen wir es dabei. Ich habe es gesehen, ich kann jetzt mitreden. Ich könnte noch anfangen, über die musikalischen Arrangement zu reden, über die Plotholes ihrer neuen Handlung oder über geographische Gegebenheiten von London... oder über das neue Lied. Besser nicht.
Ich muss wirklich rausfinden, welche Version genau Wien da im Moment spielt... in Wien war ich ja lange nicht mehr...
Warnung 1: Spoiler
Warnung 2: Es wird sehr lang.
Warnung 3: Das ist KEINE Filmkritik
"Cats" kann man nicht als Film kritisieren. Als Film ist es nämlich vollkommen unerträglich. Niemand sollte sich das als Film ansehen, und ich kann mir auch nicht vorstellen, dass sich jemand das freiwillig als Film ansieht. Als Film betrachtet ist es so schlecht, wie es nur sein kann, denn alles, was sie machen, was den Gesetzen des Films entspricht, geht nach hinten los und macht es noch furchtbarer.
Abgesehen davon kann ich mir auch nicht vorstellen, dass jemand in diesen Film gehen würde, der noch nie in einem Musical war, oder auch nur, noch nie in "Cats" war. Ich meine, warum? Vielleicht, weil die Theaterkarten so teuer sind und es mal gesehen zu haben? Okay, aus dem Grund war ich damals in "Das Phantom der Oper", aber ich gehe auch so in Musicals und wusste, auf was ich mich einlasse. Vollkommen unbedarft in "Cats" zu gehen, könnte jeden davon überzeugen, die nächsten zwei Jahre gar nicht mehr ins Kino zu gehen.
Darum ist das hier keine Filmkritik, sondern eine Musical-Kritik. Die Kritik einer neuen Inszenierung von "Cats", von der ich sehr, sehr, sehr hoffe, dass sie nicht der neue Standard werden wird. Bei allem, was sie "Cats" in den letzten Jahren angetan haben, ist es ihnen doch nie gelungen, die Show zu töten. Auch dieser Version ist es nicht gelungen, auch wenn sie sie mehr zerfleischt haben als jemals zuvor. Und damit sollte endgültig bewiesen sein: "Cats" ist unsterblich.
Beginnen wir mit etwas Positivem: Die Kulissen. London. Bei Nacht, im Zwielicht, zum Sonnenaufgang. Soho, Picadilly Circus, Trafalgar Square, Themse. Offenbar spielt das Ganze zu Beginn des 20.Jahrhunderts, wahrscheinlich 20er Jahre, dem Auto nach zu urteilen. All das sieht super aus. Es ist schäbig, es ist erhaben, es hat schöne Details, es hat Atmosphäre. Es gibt viele schöne Schilder an Hotels, Kneipen oder Theatern, es gibt Werbetafeln und Zeitungsseiten, und alle haben irgendwie Katzenbezug. Von der gigantischen Bastet-Statue vor "The Egyptian", wo der Ball stattfindet, über das "Feral Hotel" und die "Milk Bar" bis zum "Drink more Milk!"-Aufruf. Da hat sich jemand Gedanken gemacht, da hat jemand Humor bewiesen. Das ist unterhaltsam und nostalgisch und sieht einfach gut aus. Das ist London aus Katzensicht.
Zweites Lob: Wer auch immer diese Ohren animiert hat, hat einen echt guten Job gemacht. Ob sie gut aussehen oder nicht, bin ich mir nicht so sicher, weil der Rest der Animation der Katzen überhauptnicht funktioniert, aber der, der die Bewegung animiert hat, hat gewusst, was er tut. Die Ohren bewegen sich viel und sie bewegen sich immer stimmig. Da war mehr über Stimmung und Seelenleben dran abzulesen als an den Gesichtern.
Zu denen ich jetzt als Erstes komme, weil mich das einfach stört, schon von dem Moment an, als sie das neue Grizabella-Kostüm in die Bühnenshow einführten, damit man das Gesicht des Stars, die die Rolle spielt, erkennt. Für mich vollkommen unverzeihlich.
Das ist "Cats". "Cats" war noch nie eine Starshow, auch wenn sie Stars hervorgebracht hat und jeder Plattenstar der Welt wahrscheinlich eine Aufnahme von "Memory" gemacht hat. Es gehört zur Natur der Show, dass sich die Darsteller unkenntlich zuschminken, denn das trägt dazu bei, in die Welt einzutauchen. Die Magie von "Cats" basiert darauf, dass eine hochtalentierte Cast aus tripple threads knapp drei Stunden so tut als seien sie Katzen, und dass das Publikum ihnen das abnimmt! Das geht nicht, wenn man ständig den Menschen unter dem Kostüm sieht - das geht in der Bühnenshow nicht, die es zum Glück bis jetzt auf Grizabella beschränkt, und das geht im Film nicht, wo sie es jeder einzelnen Katzen antun. John Napier hat für "Cats" grandioses Makeup entworfen - im Film muss man sicherstellen, dass all die Stars, die sie engagiert haben, zu erkennen sind. Niemand sieht Old Deuteronmy, jeder sieht Judy Dench. Ich sags nochmal: unverzeihlich.
Dazu kommt noch, dass diese menschlichen, mit Fell überzogenen Gesichter auch noch unnatürlich, generisch, leblos und irgendwie falsch aussehen. Ganz, ganz schwerer Fehler - von der Musical-Warte aus ohnehin, aber auch von der Filmwarte her. Theaterfans sind bereit, beim Realismus Abstriche zu machen, Filmfans wollen eine perfekte Animation. Und das bietet "Cats" nicht. Nichtmal annäherungsweise. Das beste Wort, das ich für die Gesichter habe, ist "draufmontiert". Bei den Katzen, bei den Mäusen, bei den Kakerladen. Alles gleichermaßen scheußlich.
Natürlich haben die Katzen auch Fell. Das ist recht gut animiert, aber eher belanglos für alles, was passiert. Schwerwiegender da schon die Entscheidigung, die Stulpen wegzulassen, denn so sind die Silhouetten eindeutig menschlich. Wie war das mit der Illusion? (Sidenote: Hände und Füße scheinen gar kein Fell zu haben. Nackt halt und menschlich.)
Zudem ist das Design der meisten Katzen vollkommen generisch, so dass abgesehen von der Handvoll Hauptcharaktere alle zu einer gesichtslosen Hintergrundgruppe verschwimmen. Wahrscheinlich soll das Realismus zeigen - hätte man nicht die Designs der Bühnenshow realistisch übertragen können? Bei den Hauptcharakteren hat's ja auch sowas wie geklappt, und John Napier hat da schon mehr als fünf Kostüme designed...
Zum Glück wird wenigstens immer noch getanzt. "Cats" ist eine Tanzshow. Seit Tuggah damals in London scheint aber irgendjemand der Meinung zu sein, dass der einzige für Katzen wirklich passende Tanzstil Breakdance ist. Das hat damals nicht funktioniert und das funktioniert auch jetzt nicht. Egal, wie berühmt die "Twins" sind, da die Vortänzer machen, das ist einfach vollkommen unpassend. Die Rollen heißen übrigens laut Abspann Plato und Sokrates und sind die Einzigen, die durchgängig Schuhe tragen. Sneaker, wenn ichs richtig gesehen habe.
Um das Thema Schuhe gleich abzuhandeln: Warum trägt Bombalurina Absatzschuhe? Warum tragen alle anderen keine Schuhe, außer in der Skimble-Stepp-Sequenz? Und warum tragen sie da Schuhe? Soll das symbolisch sein?
Okay, zurück zum Tanz. Irgendwo in der Planung dieser Show ist die wunderbare Choreographie von Gillian Lynn verloren gegangen, und dann hat Andy Blankenbuhler etwas geschrieben, was zwar durchaus ansprechend aussieht, aber eben zum Großteil nicht katzenhaft. Ich war jedesmal dankbar, wenn jemand Ballett tanzte - wenn auch nur kurz, weil dann unweigerlich sofort etwas erfolgte, was eindeutig CGI war, wie Herumfliegen, senkrecht eine Wand hoch laufen, durch den ganzen Saal springen... Viel davon sieht schlecht animiert aus, und es verleiht den beeindruckenden tänzerischen Momenten einen schalen Beigeschmack, denn das könnte ja auch CGI ein. Manchmal frage ich mich, ob es tatsächlich unmöglich ist, eine Gruppe guter Tänzer einfach nur tanzen zu lassen... wahrscheinlich schon.
Wenigstens sind die grundsätzlichen Bewegungsmuster der Katzen noch die, die Gillian Lynn damals kreiert hat, und die sich fest in jede Art von Katzendarstellung weltweit gebrannt haben. Ein kleiner Trost.
Da tanzen in dieser Version nicht ausreicht, brauchen wir jetzt eine Handlung und Dialoge. Das trägt auch dazu bei, der Masse von Katzen Herr zu werden und alles auf eine handvoll Katzen zu konzentrieren, die ständig vorkommen, und den Rest zur Staffage zu machen. Eine der großen Stärken von "Cats" war immer, dass jede noch so kleine Rolle auf der Bühne einen eigenen Charakter hatte - hier fällt es schwer, überhaupt von Charakteren zu sprechen. Bestenfalls von Schablonen.
Da hätten wir zuerst unsere Hauptrolle, Viktoria. In der Bühnenshow ist Viktoria, auch bekannt als "The White Cat", eine sehr junge Katze, und eine Tanzrolle. Folgerichtig wurde sie hier mit einer Ballett-Tänzerin besetzt (Francesca Hayward), die auch sehr gut tanzt (aber wie gesagt, CGI... wer weiß...). Außerdem wird Viktoria zu Beginn des Ganzen ausgesetzt, sprich, man wirft sie in einem Sack in den Müll. Die Jellicles finden sie und kümmern sich um sie, allen voran Munkustrap - ich hatte ja schon befürchtet, dass er der Love Interest wird (Kein Film ohne Love Interest! Nicht bei einer jungen, schönen und unschuldigen Heldin! Geht gar nicht!), aber dann fiel Mistoffelees bei dem Versuch eines Zaubertricks von einem Grabstein und ich konnte beruhigt sein.
Viktoria ist also die Neue, aber alle finden sie nett, schön, bezaubert und einfach absolut toll, so dass sich alle Kater darum reißen, mit ihr zu tanzen, sogar Tugger sie ansingt, und dass sie sich herausnehmen kann, zu fordern, dass Grizabella angehört wird. Kurz, sie ist in etwa die plakativste Mary Sue, die ich in den letzten Jahren gesehen habe. Vergleichbar mit Bella aus der "Twilight"-Reihe.
Davon, dass das Libretto des neuen, extra für die Rolle geschriebenen Songs, ihr abverlangt, darüber zu singen, dass das einsame Wandern durch London jetzt endlich ein Ende hat, möchte ich gar nicht erst anfangen - sie ist noch keine fünf Meter einsam durch London gelaufen! Es war ständig wer da, der sich um sie gekümmert hat!
Zweiter in der Reihe, und zwar vor allem, weil er sowas wie Charakterdarstellung kriegt: Mistoffelees. Zauberkater und erwähnter Love Interest.
Erster Pluspunkt: Er sieht ganz nett aus. Seine Fellzeichnung ist nicht "schwarz von den Ohrn zu den Zehen", auch wenn er das noch immer singt, aber sie hat eine asymmetrische Färbung im Gesicht, und das lässt es weniger menschlich aussehen, das ist schon viel wert. Der Darsteller heißt Laurie Davidson. Ob er tanzen kann, lässt sich schwer sagen, aber er spielt den schüchternen, etwas tolpatschigen Zauberkater charmant, und das Kostüm, das aus mir vollkommen unverständlichen Gründen neben dem Zylinder auch eine Cockney-Perlmutt-Jacke beinhaltet, sieht erstaunlich gut aus. Er kriegt sowas wie Charaktermomente als Träumer und auch als treuer Freund, auch das ist hilfreich. Auch scheint der Schauspieler nicht bekannt genug zu sein, dass mit aller Gewalt ein Image bedient werden muss. Noch hilfreicher. Tatsächlich sowas wie ein Lichtblick in der ganzen Sachen.
Judy Dench spielt das Katzenoberhaupt Old Deuteronomy, das in der deutschen Version noch immer Alt Deuteronimus heißt anstatt Deuteronima... naja. Ich bin Starlight-Fan, über Gender-Diskussionen bin ich schon lange hinaus. (Sidenote: Sie singen Wiener Text mit Abwandlungen. Wahrscheinlich, damit sie Herrn Kunze und sämtlichen Tournee-Veranstaltern keinen Tantiemen zahlen müssen.)
Frau Dench ist sehr bekannt, darum ist sichergestellt, dass in jeder Sekunde Frau Dench in einem schlecht sitzenden Fellkostüm zu sehen ist, die sich ab und an auch noch für Frau Dench unpassend bewegt. Die deutsche Fassung hat zwei Synchronsprecherinnen für die Rolle, eine für Sprache und eine für Gesang. Trotzdem klingt es wie Judy Dench (ich habe auch die englische Fassung gehört), und gesanglich ist das jetzt nicht unbedingt ein Kompliment.
Charakterlich ist der beste Moment die Tatsache, dass sie sich weigert, Macavity zur erwählten Katze zu erklären, auch wenn der sie über die Planke schicken will.
Bleiben wir bei Macavity. Gespielt von Idris Elba in Pelzmantel und Cowboyhut, der damit kein bisschen katzenhaft mehr aussieht, dafür aber wenigstens immer deutlich zu erkennen ist und nicht singen kann. Auch seine deutsche Synchronstimme gibt sich Mühe, genauso zu klingen, aber da Macavity nur einen einzigen Satz Solo singt, lässt sich das im Chor gut verbergen.
Wie in den modernisierten Fassungen der Bühnenshow taucht Macavity zu allen passenden und unpassenden Gelegenheiten auf und löst sich dann wieder in Luft auf. Dazwischen entführt er seine Mitbewerber um die Erwählung für das neue Leben, damit er gewinnt, und natürlich showgemäß auch Old Deuteronomy. Am Ende hängt er sich an den Ballon, der Grizabella zum Heavy Side Layer bringt, fällt aber runter und sitzt dann auf dem Hut der Nelson-Statue von Trafalgar Square fest, weil er sich plötzlich nicht mehr in Luft auflösen kann. Warum nicht, warum er das vorher konnte oder warum er überhaupt nur erwählt werden wollte, bleibt vollkommen unklar. Weil halt. Er ist halt der Bösewicht der Show.
Besagte Mitbewerber um das neue Leben sind übrigens alle, die ein Lied singen. Jennyanydots, Bustopher Jones, Gus, Skimbleshanks. Theoretisch auch Mungojerrie und Rumpleteazer, aber mei, die arbeiten halt mit Macavity zusammen. Warum irgendwer von diesen Katzen das neue Leben will, ist außer bei Gus ebenso unklar, aber der, Jenny und Bustopher sind weitere mit Stars besetzte Rollen, und jeder von ihnen ist wichtig und bekannt genug, dass er erkannt werden muss, typische Manierismen mit in die Rolle einbringen muss damit jede Art von Charakterdarstellung vollkommen unmöglich macht. Das sind nicht Jennyanydots, Bustopher Jones und Gus, sondern Rebel Wilson, James Corden und Ian McKellan in schlechten Kostümen, die eben ihr Ding machen. Frau Wilson und Herr Corden sind Comedians, also machen sie Comedy-Nummern. Herr McKellan ist ein ernsthafter Schauspieler, also macht er ernsthaftes Schauspiel. Nichts davon hat irgendwas mit "Cats" zu tun.
Von Skimbleshanks möchte ich nicht weiter reden. Sein Darsteller heißt Steven McRae, nur der Vollständigkeit halber, aber an der Rolle stimmte gar nichts mehr. Begonnen beim Kostüm, über die ständigen Platzwechsel quer durch London während des Songs bis hin dazu, dass er stimmlich viel zu jung für sein Aussehen klang. Am besten ganz schnell vergessen.
Dann bleibt da noch der mit dem meisten Text, und an den sich am Ende der Show jeder erinnern kann, weil er ständig im Bild ist, ohne dass irgendwer seinen Namen weiß oder dass wir auch nur das geringste bisschen über seinen Charakter erfahren haben. Er ist konturenlos gräulich-weiß und hat eine generische Fellzeichnung. Wäre er also nicht ständig im Bild, er würde problemlos in der Masse verschwinden - aber er muss sich halt ständig um die arme, beschützenswerte Viktoria kümmern oder was singen. Kurz fürs Protokoll: Die Rolle heißt Munkustrap. Charaktermomente gibts nicht. Keinen einzigen. Er ist halt da und singt was. Meistens über irgendeine Katze.
Der Darsteller heißt Robbie Fairchild und scheint so unbekannt zu sein, dass er nicht mal eine Wikipedia-Seite hat. Dafür ist er aber Tänzer und Schauspieler und hat Musical-Erfahrung. Darum kennt er wahrscheinlich auch die Bühnenshow und kann sich doch sowas wie katzenhaft bewegen. Zudem singt in der deutschen Fassnung Patrick Stanke, der das auch erwartungsgemäß gut macht.
Sprich, vom Charakter selbst ist nichts übriggeblieben, aber als generische Vordergrundkatze ist es recht gut. Was im Grunde genommen schon sehr viel wert ist.
Ferner liefen hätten wir dann Mungojerrie und Rumpleteazer, deren Duett spaßig und rasant ist, die aber nachher wieder in die Masse abtauchen, Rum Tum Tugger, dessen Solo angemessen wild und unnötig hektisch wirkt und der danach ebenso wieder in die Masse abtaucht, und Taylor Swift, die den Bühnennamen Bombalurina trägt, überhaupt zu ihrem Solo "Macavity" erst auftritt, Absatzschuhe trägt, sich kein bisschen katzenhaft bewegt und am Ende des Films spurlos verschwindet, weil Macavity sie und sich in Luft auflöst, aber nur sich wieder materialisiert.
Oh, und es gibt natürlich auch eine Grizabella. Gespielt von Jennifer Hudson, deutsche Stimme Patricia Meeden. Die macht das, was Grizabellas jetzt immer machen müssen: Sie piepst ihr "Erinnerung" vor sich hin und haut dann die letzte Strophe richtig mit Kraft raus.
Spielerisch beschränkt sich die Rolle darauf, sich irgendwo zusammenzukauern und/oder zu weinen. Irgendwer sagt, dass sie so heruntergekommen ist, weil sie sich mit Macavity eingelassen hat. Klar. Macavity ist immer alles Schuld, der ist ja der Bösewicht der Show. Das ist wie bei "Sherlock", da ist es auch immer Moriatry.
Es ist "Cats", aber umgeschrieben. In etwa das, was sie in Bochum mit "Starlight Express" gemacht haben, aber im Vergleich dazu sehr viel weniger weit gegangen. Darum sind Bruchstücke der Magie noch da - ich habe tatsächlich drei- oder viermal gedacht "so schlimm ist es ja gar nicht". Und dann machen sie wieder was total Furchtbares. Alleine, dass man auf eine Laufzeit von knapp zwei Stunden den "ich schlag dir was in die Eier"-Gag zweimal bringen muss... Nochmal: Es geht um Katzen. Ja, ein bisschen sind die Texte von T. S. Eliot auch eine Persiflage auf die damalige Gesellschaft, aber das war wohl zu subtil, um sich damit zu beschäftigen, darum musste die neue Handlung plakativ werden. Was der Film aber vor allem mal wieder beweist ist, dass "Cats" eine Ensembleshow ist. Sie lebt davon, dass jede dieser Katzen ein eigener Charakter ist, das ist ein wichtiger Teil ihres Zaubers und ihrer Energie. Bekommen diese Charaktere nicht die nötige Sorgfalt, wird es kritisch. Selbst das Stadttheater Koblenz hatte das begriffen, Herrn Hooper ist es leider entgangen.
Lassen wir es dabei. Ich habe es gesehen, ich kann jetzt mitreden. Ich könnte noch anfangen, über die musikalischen Arrangement zu reden, über die Plotholes ihrer neuen Handlung oder über geographische Gegebenheiten von London... oder über das neue Lied. Besser nicht.
Ich muss wirklich rausfinden, welche Version genau Wien da im Moment spielt... in Wien war ich ja lange nicht mehr...