blauerfalke: (geschichten)
[personal profile] blauerfalke
von Tad Williams


Neapel. Es ist Nacht. Eine dunkle Gestalt klettert lautlos die Festungsmauer hinauf und dringt ins Schlafzimmer der Fürstin ein. Dort droht er ihr an, sie am Ende der Nacht zu töten, will ihr aber vorher noch seine Lebensgeschichte erzählen. Sie erkennt ihn. Sie heißt Miranda, er Kaliban.

Die meisten Leute wissen in diesem Moment sicher schon, um was geht, aber mir sagte Kaliban nichts, also brauchte ich noch zwei Zeilen länger, denn dann fällt der Name von Mirandas vor fünf Jahren verstorbenem Vater: Prospero. Shakespeare also, "Der Sturm". Musical bildet zwar, aber Kaliban kommt halt in "Return to the Forbidden Planet" nicht vor.

Okay. Kaliban, von dem ich keine Ahnung habe, wer er ist und welche Rolle er in "Der Sturm" spielt, erzählt also jetzt Miranda und damit uns seine Lebensgeschichte. Ich lerne, dass er auf der Insel, auf die Prospero und die damals zehnjährige Miranda verbannt werden, geboren worden ist, weil seine schwangere Mutter auch schon dorthin verbannt wurde. Besagte Mutter ist zwischenzeitlich an einer Fischgräte erstickt, daher ist Kaliban - das ist der Name, den er von Prospero und Miranda bekommt, vorher hatte er keinen - alleine. Prospero zähmt ihn, versucht, ihn zu zivilisieren, aber das klappt nicht nach seinen Vorstellungen, also macht er Kaliban zu seinem Sklaven. Weitere Konflikte treten auf, weil Miranda und Kaliban gemeinsam aufwachsen und dieses Erwachsen-Werden zu weiteren Problemen führt.

Am Ende tauchen die Schiffbrüchigen auf, Miranda verliebt sich in Ferdinand und alle fahren zurück nach Mailand. Außer Kaliban, der auf der Insel zurückbleibt. Jetzt kein wildes Halbtier mehr, das mit seiner Einsamkeit zufrieden ist. Darum stiehlt er sich als blinder Passagier an Bord eines anderen Schiffes, nur um zu lernen, dass die Zivilisation ihm auch nicht gefällt. Diese letzten Teile werden in knapp 15 Seiten abgehandelt. Ich glaube, ich hätte es interessant gefunden, zu lesen, wie Kaliban versucht, sich in der Zivilisation zurecht zu finden... Dafür war halt der Teil vor der Handlung von "Der Sturm" recht langatmig.

Kurz gesagt, Kaliban macht Miranda und ihren Vater dafür verantwortlich, sein Leben ruiniert zu haben, darum will er sich jetzt rächen. Prospero ist schon tot, also noch an ihr. Warum er ihr dafür vorher all das erzählen muss, ist mir nicht ganz klar... wahrscheinlich für den Endtwist. Sonst könnte der nicht stattfinden. Und wir hätten natürlich auch keinen Roman ohne das. Aber vielleicht wäre es als Kurzgeschichte auch nett gewesen.

Ich habe "Der Sturm" weder gelesen noch gesehen, aber das könnte von Vorteil sein, für den Fall, dass Kaliban dort ein "Bösewicht" ist. Dann wäre es nämlich ein "ich kann das alles erklären"-Buch, und mit sowas tue ich mir immer schwer. Da ich wie gesagt im Grunde keine Ahnung habe, wo die Figur herkommt, fällt das Problem schon mal weg.
Auf der anderen Seite kann es aber auch an meiner Unwissenheit liegen, dass ich das Buch als eher vor sich hinplätschernd empfand und manchmal auch einfach überflüssig detailliert. Dabei hat es nur etwa 170 Seiten...

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