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Film von und mit Will Ferrell, der auch als einziger Mitwirkender selbst singen darf, produziert von Netflix


Es ist Eurovision, und Island kann es sich nicht leisten zu gewinnen. Darum sprengt einer des Komitees nach dem Landesausscheid alle Beweber in die Luft, aber erwischt dabei leider das Duo Fire Saga, alias Lars und Sigit, nicht. Darum sind die der Runner Up und dürfen deshalb nach nach Edinburgh, um Island zu vertreten. Da sie unglaublich schlecht sind, besteht aber keine Gefahr, dass sie gewinnen.
Sie gewinnen am Ende auch nicht, aber nur, weil sie im Finale spontan ein ganz andres Lied singen als das eingereichte, und darum disqualifiziert werden. Aber sie werden ein Paar, und das ist ja viel wichtiger.

Es gibt unglaublich viele Dinge, die mit diesem Film nicht stimmen. Begonnen damit, dass Fire Saga im Grunde gar nicht schlecht sind, darüber, was mit der Darstellung der Organisation und des Voting-Systems des ESC alles falsch ist, über Massen von Plotholes und haarsträubende Dialoge bis hin zu der Tatsache, dass das Siegerland nicht gezwungen ist, den Wettbewerb auszurichten, also die ganze Prämisse des Films Quatsch ist und er darum auch nicht nötig wäre. Aber er ist halt von Amerikanern gemacht, was also solls? Und im Grunde geht es darum auch nicht.
Es geht auch nicht mal um die Love Story zwischen den beiden Protagonisten, die drei Viertel des Films daran krankt, dass Lars Sigrit behandelt wie sein Eigentum oder ein kleines Kind, auf ihren Gefühlen herumtrampelt und eine bescheuerte Entscheidung nach der anderen trifft. Das Ganze gipfelt darin, dass er nach dem Unfall im Semi-Finale sofort abreist, während sie die Größe hat, sich trotzdem in den Green Room zu setzen und die Votings abzuwarten. Lars ist der Typ, den man für seine Sturheit und seinen Traum bewundert, dem man aber trotzdem gerne eine reinschlagen will, damit er endlich mal für zehn Pfenning nachdenkt.

Es wäre also ein sehr nerviger Film, aber er hat das Eine, was es braucht, damit er funktioniert: Den Geist der Eurovision. Jeder Auftritt, den sie zeigen oder halb zeigen, ist Eurovison. Performance, Tänzer, Projektionen, ausufernde Kostüme, symbolischer Kram, den keiner versteht, ein Hamsterrad, Feuereffekte, Rhönräder, Trickkleider, sexuelle Anspielungen, bunte Gruppen, Extreme in alle Richtungen - und alle feiern zusammen, haben einen Riesenspaß, fühlen mit, wenn etwas nicht klappt, trösten einander, ermutigen einander... Der Antagonist zu Lars ist Alexander, der russische Favorit, ein unglaublich reicher, schmieriger Schönling - aber er hat die Größe, sich mit Sigrit auf auf die Bank im Green Room zu setzen und ihr die Hand zu halten, während abgestimmt wird, damit sie nicht alleine ist (Betreuer haben die Isländer aus irgendwelchen nicht näher erklärten Gründen keine). Eurovision ist ein Wettbewerb, aber es geht nicht in erster Linie darum, zu gewinnen oder das beste Lied zu finden. Es geht darum, dass Europa gemeinsam einen Abend verbringen kann, in dem alle Musik machen, alle Spaß haben, jeder über jeden lästert, jeder sehr laut seine Meinung verkündet, und trotzdem die Stimmung super ist. Eurovision ist Zusammenhalt - darum ist der unverzeihlichste Moment des Films, als Fire Saga ins Autitorium kracht, wieder aufsteht und den Song zuende singt, und dann ausgelacht wird. Würde das auf der Eurovision passieren, eine teilnehmende Gruppe von der Bühne fallen, aufstehen und weitermachen, der Saal würde toben. Vor Begeisterung. Der Einzug ins Finale wäre sicher, vielleicht sogar der Sieg. Eben weil sie weitermachen und weil das Publikum das honoriert.
Okay, auch in diesem Film kommt Island dann ins Finale, aber da ist eben diese lastende Stille und das Gelächter, und das wäre bei der echten Euovision schlichtweg nicht möglich. Nach dem ersten Schock ginge der Jubel los.

Also, abgesehen davon hat es alles, was man von der Eurovision will, sogar die Bühne, denn das ist die von Tel Aviv, die sie ausgeborgt haben. Dazu ein paar kleine Seitenhiebe - "Das ist England. Sie sind recht gut, aber niemand mag England, darum null Punkte.", "Natürlich bin ich nicht schwul. Ich bin Russe. Es gibt keine Schwulen in Russland." - und Graham Norton, der BBC Commentator für den ESC, der sich selbst spielt, und gewohnt scharfe Kommentare gibt, ein paar hübsche Aufnahmen von Island und Edinburgh - über die geographischen Details der Stadt reden wir jetzt nicht - und Cameos von Massen von ehemaligen ESC-Teilnehmern und Gewinnern. Es ist dann ESC, wenn Alexander Rybak Geige spielt.

Ach so, in Island glaubt man natürlich an Elfen und Haare flechten können ist ein bewundernswerte Fähigkeit bei einem Mann.

Wie gesagt, es hat den Spirit. Und ein passendes Musikvideo zu einem Song von Fire Saga, der im Film keine Rolle spielt. Das ist ESC - man darf nicht drüber nachdenken, aber man kann viel Spaß damit haben. Da wir dieses Jahr wegen der Pandemie keinen ESC hatten, ist es sowas wie eine gut gemachte Ersatzveranstaltung.

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