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The Origin of the English Imagination
von Peter Ackroyd
Es ist schwierig zu definieren, was man sich unter "imagination" vorzustellen hat, und ich habe mir definitiv was anderes vorgestellt als der Autor. Aber gut, das macht ja nichts. Herr Ackroyd hat ein Buch darüber geschrieben, wie die englische Vorstellungskraft definiert ist, was sie inspiriert und wie sie funktioniert. Vor sie herkommt, wie der Titel verspricht... Sowas ist immer schwer zu sagen, aber vielleicht kann man "Herkunft" einfach mit "Einflüsse" gleichsetzen, dann stimmt es schon.
Herr Ackroyd arbeitet sich also mehr oder weniger chronologisch durch die englische kreative Geschichte, von den Anfängen schriftlicher Zeugnisse bis zum 19. Jahrhundert. Es geht vor allem um Literatur, ganz selten auch mal um Kunst und noch seltener um Musik. Der größte Teil des Buches wird vom 16ten bis 18ten Jahrhundert eingenommen. Vielleicht gibt es da einfach die meisten Beispiele oder die bekanntesten Künstler. In jedem Fall ist es ein Buch auf gehobenem Niveau. Schon sprachlich hat es mich immer wieder an meine Grenzen gebracht. Ich habe oft so viele Wörter in einem Satz nicht verstanden, dass ich dessen Inhalt nicht mehr ableiten konnte. Ich habe viele Sätze oder gar Abschnitte mehrfach gelesen, bis ich verstanden habe, was Herr Ackroyd mir sagen wollte. Als Nicht-Muttersprachler muss man also schon ein gewisses Sprachlevel mitbringen, um das Buch überhaupt in Angriff zu nehmen. Dazu kommt, dass das Buch sehr wissenschaftlich geschrieben ist, und der in britischen Büchern oft enthaltene humorige Einschlag fast völlig fehlt. Es ist also sehr viel weniger unterhaltsam als vieles andere, was ich gelesen habe, wenn auch noch immer sehr interessant.
Zum Glück kann ich die größten Namen der britischen Literaturgeschichte zuordnen, und das ist sozusagen die Minimalvoraussetzung, um nicht vollkommen verloren zu gehen. Spaßigerweise kam ich mit dem ersten Teil, in dem es um Beowulf, Bede, Gildas, die Anglo-Saxon Chronicles und Chaucer geht, sehr viel besser zurecht als mit den späteren Kapiteln. Denn auch wenn ich einige grobe Fakten zu "Gulliver's Travels", "Paradise Lost", "The Faerie Queene" etc. weiß, habe ich doch keins davon gelesen. Geschweige denn wichtige Werke wie "Pamela", "Tristram Shandy" oder "Leviatan" (um nur einige wenige zu nennen, auf die der Autor Bezug nimmt). Herr Ackroyd schreibt offenbar für ein Publikum, dass all das und noch sehr viel mehr gelesen hat, denn der Inhalt der Werke wird, wenn überhaupt, nur kurz und dann sehr allgemein erwähnt, wird also vorausgesetzt. Auch das hat es mir sehr erschwert, dem Buch folgen zu können. Genau genommen bin ich sehr dankbar, dass ich weiß, was eine Pantomime ist und was es mit der "Dame" und dem "principal boy" auf sich hat, so dass ich immerhin das Kapitel ganz gut verstanden habe.
Ich will damit nicht sagen, dass das Buch schlecht ist, denn das ist es ganz sicher nicht. Es setzt halt nur eine Menge Vorbildung voraus, die ich nicht habe, sprachlich nicht und literarisch nicht (künstlerisch und musikalisch schon gar nicht). Ich hatte einfach erwartet, dass es auf einem anderen Level geschrieben ist, denn Herr Ackroyd ist der Autor des hochgelobten "London: The Biography", und das hat immerhin Bestsellerstatus. (Übrigens merkt man auch in diesem Buch deutlich Herrn Ackroyds Liebe zu London, denn es kommt vor, wann auch immer sich nur die kleinste Entschuldigung für eine Erwähnung bietet. London ist quasi die Verkörperung der englischen Vorstellungkraft.)
Aber es ist nicht, dass ich nichts gelernt hätte. Die englische Vorstellungskraft lebt von äußeren Einflüssen. Sie basiert auf Rückblick, Spiegelung und Neuinterpretation, nicht auf Innovation. Genau wie die englische Sprache selbst assimiliert sie alles und macht es sich zu eigen, darum ist die englische Sprache der perfekte Spiegel dieser Imagination. Außerdem liebt sie das Detail, beschäftigt sich nicht mit dem großen Ganzen, hasst das Abstrakte, ist besessen von Praktikabilität und Anwendbarkeit und verabscheut jede Art von großer Zur-Schau-Stellung und Übertreibung, es sei denn als Satire. Da Herr Ackroyd das am Ende nochmals kurz zusammenfasst, kann ich also wenigstens sicher sein, das Buch in zumindest sehr groben Zügen verstanden zu haben, und das ist ja auch was wert.
Eher anstrengend und am Ende war ich dann doch froh, als ich endlich durch war, weil ich zu oft das Gefühl hatte, der Sache nicht folgen zu können. Muss man sich sehr gut überlegen, wem man das empfiehlt.
Kleine Randbemerkung: Es ist ein Buch über english imagination im engsten Sinne. Es kommen eine Handvoll Schotten vor und gerade im ersten Teil natürlich ein paar Bezüge zu den Keltischen Nachbarn, aber nichts weiter. Es geht um England, nicht um Großbritannien oder gar die Britischen Inseln. Genau, wie der Titel sagt.
von Peter Ackroyd
Es ist schwierig zu definieren, was man sich unter "imagination" vorzustellen hat, und ich habe mir definitiv was anderes vorgestellt als der Autor. Aber gut, das macht ja nichts. Herr Ackroyd hat ein Buch darüber geschrieben, wie die englische Vorstellungskraft definiert ist, was sie inspiriert und wie sie funktioniert. Vor sie herkommt, wie der Titel verspricht... Sowas ist immer schwer zu sagen, aber vielleicht kann man "Herkunft" einfach mit "Einflüsse" gleichsetzen, dann stimmt es schon.
Herr Ackroyd arbeitet sich also mehr oder weniger chronologisch durch die englische kreative Geschichte, von den Anfängen schriftlicher Zeugnisse bis zum 19. Jahrhundert. Es geht vor allem um Literatur, ganz selten auch mal um Kunst und noch seltener um Musik. Der größte Teil des Buches wird vom 16ten bis 18ten Jahrhundert eingenommen. Vielleicht gibt es da einfach die meisten Beispiele oder die bekanntesten Künstler. In jedem Fall ist es ein Buch auf gehobenem Niveau. Schon sprachlich hat es mich immer wieder an meine Grenzen gebracht. Ich habe oft so viele Wörter in einem Satz nicht verstanden, dass ich dessen Inhalt nicht mehr ableiten konnte. Ich habe viele Sätze oder gar Abschnitte mehrfach gelesen, bis ich verstanden habe, was Herr Ackroyd mir sagen wollte. Als Nicht-Muttersprachler muss man also schon ein gewisses Sprachlevel mitbringen, um das Buch überhaupt in Angriff zu nehmen. Dazu kommt, dass das Buch sehr wissenschaftlich geschrieben ist, und der in britischen Büchern oft enthaltene humorige Einschlag fast völlig fehlt. Es ist also sehr viel weniger unterhaltsam als vieles andere, was ich gelesen habe, wenn auch noch immer sehr interessant.
Zum Glück kann ich die größten Namen der britischen Literaturgeschichte zuordnen, und das ist sozusagen die Minimalvoraussetzung, um nicht vollkommen verloren zu gehen. Spaßigerweise kam ich mit dem ersten Teil, in dem es um Beowulf, Bede, Gildas, die Anglo-Saxon Chronicles und Chaucer geht, sehr viel besser zurecht als mit den späteren Kapiteln. Denn auch wenn ich einige grobe Fakten zu "Gulliver's Travels", "Paradise Lost", "The Faerie Queene" etc. weiß, habe ich doch keins davon gelesen. Geschweige denn wichtige Werke wie "Pamela", "Tristram Shandy" oder "Leviatan" (um nur einige wenige zu nennen, auf die der Autor Bezug nimmt). Herr Ackroyd schreibt offenbar für ein Publikum, dass all das und noch sehr viel mehr gelesen hat, denn der Inhalt der Werke wird, wenn überhaupt, nur kurz und dann sehr allgemein erwähnt, wird also vorausgesetzt. Auch das hat es mir sehr erschwert, dem Buch folgen zu können. Genau genommen bin ich sehr dankbar, dass ich weiß, was eine Pantomime ist und was es mit der "Dame" und dem "principal boy" auf sich hat, so dass ich immerhin das Kapitel ganz gut verstanden habe.
Ich will damit nicht sagen, dass das Buch schlecht ist, denn das ist es ganz sicher nicht. Es setzt halt nur eine Menge Vorbildung voraus, die ich nicht habe, sprachlich nicht und literarisch nicht (künstlerisch und musikalisch schon gar nicht). Ich hatte einfach erwartet, dass es auf einem anderen Level geschrieben ist, denn Herr Ackroyd ist der Autor des hochgelobten "London: The Biography", und das hat immerhin Bestsellerstatus. (Übrigens merkt man auch in diesem Buch deutlich Herrn Ackroyds Liebe zu London, denn es kommt vor, wann auch immer sich nur die kleinste Entschuldigung für eine Erwähnung bietet. London ist quasi die Verkörperung der englischen Vorstellungkraft.)
Aber es ist nicht, dass ich nichts gelernt hätte. Die englische Vorstellungskraft lebt von äußeren Einflüssen. Sie basiert auf Rückblick, Spiegelung und Neuinterpretation, nicht auf Innovation. Genau wie die englische Sprache selbst assimiliert sie alles und macht es sich zu eigen, darum ist die englische Sprache der perfekte Spiegel dieser Imagination. Außerdem liebt sie das Detail, beschäftigt sich nicht mit dem großen Ganzen, hasst das Abstrakte, ist besessen von Praktikabilität und Anwendbarkeit und verabscheut jede Art von großer Zur-Schau-Stellung und Übertreibung, es sei denn als Satire. Da Herr Ackroyd das am Ende nochmals kurz zusammenfasst, kann ich also wenigstens sicher sein, das Buch in zumindest sehr groben Zügen verstanden zu haben, und das ist ja auch was wert.
Eher anstrengend und am Ende war ich dann doch froh, als ich endlich durch war, weil ich zu oft das Gefühl hatte, der Sache nicht folgen zu können. Muss man sich sehr gut überlegen, wem man das empfiehlt.
Kleine Randbemerkung: Es ist ein Buch über english imagination im engsten Sinne. Es kommen eine Handvoll Schotten vor und gerade im ersten Teil natürlich ein paar Bezüge zu den Keltischen Nachbarn, aber nichts weiter. Es geht um England, nicht um Großbritannien oder gar die Britischen Inseln. Genau, wie der Titel sagt.