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Theaterstück nach dem Roman von Michael Ende

Es spielt das Stadttheater Aachen, Kinderstück ab 8 Jahre

Auch dieses Mal beweist das Stadttheater Aachen wieder meine Behauptung, dass man sich das Kinderstück immer unbedenklich ansehen kann. Auch diese Produktion ist gut gelungen, unterhaltsam und einfallsreich, auch wenn ich zugeben muss, dass ich es schwer einzuschätzen finde, wie gut sie für Kinder geeignet ist.

Das liegt vor allem daran, dass die gesamte Inszenierung doch recht surrealistisch ist. Sie spielen auf der komplett leeren Bühne, die auch bis hinten offen ist, inklusive Hinterbühne (nur ein sehr kleiner Teil hinten wird durch einen schwarzen Vorhang abgetrennt). Das heißt, man sieht die gigantischen Ausmaße bis hin zur Rückwand und bis oben unter die Decke. Das ist beeindruckend, und der große schwarze Raum bietet einen idealen Hintergrund für all die bunten Dinge, die darin passieren. Einerseits setzen sie sich gut davon ab, andererseits hilft es, auf sie zu fokussieren. Sehr gute Idee also, aber eben nicht gerade das, was man von einem Theater für Kinder erwartet. Da gibt es normalerweise ja doch eher Kulissen und Requisiten.

Zum Anderen ist "Die Unendliche Geschichte" ein ziemlich dickes Buch, und ich habe mich im Vorfeld schon gefragt, wie viel sie davon spielen werden. Es wäre nicht das erste Mal, dass sich jemand nur die erste Hälfte vornimmt - die sich für Kinder auch sehr viel besser eignet als die zweite - und dann ein selbstgemachtes Ende dranbastelt, das hat damals schon der erste Film gemacht. Aber Aachen hat sich der Herausforderung gestellt und spielt das komplette Buch. Akt 1 ist der erste Teil, Akt 2 der zweite. Bastian ruft "Mondenkind" und der Vorhang zur Pause senkt sich.

Natürlich müssen sie kürzen, um das hinzukriegen, und auch wenn ich einige Entscheidungen eher seltsam fand, so machen sie das doch ausgezeichnet. Gerade mit der Vielzahl aller Szenen und Akteure im ersten Akt schaffen sie es, die Vielfalt und die Bundheit Phanthasiens deutlich zu zeigen und trotzdem alle wichtigen Informationen nicht nur zu liefern, sondern auch, sie deutlich zu liefern. Morla sagt uns, dass die Kindliche Kaiserin einen neuen Namen braucht, Uyulala sagt uns, dass der Name von einem Menschen kommen muss, und die Windriesen sagen uns, dass Phanthasien keine Grenzen hat. Darüber gehen tragische Dinge wie der Tod von Artax oder gruselige Dinge wie der Dialog zwischen Atreju und Gmork doch etwas unter - gerade Gmork ist ein schwieriger Charakter, da einfach nicht genug Zeit für eine deutliche Einführung ist, auch wenn sie sich Mühe gegeben haben. Aber Streichen konnten sie ihn auch nicht, denn die Information, dass Bewohner Phanthasiens, die ins Nichts gehen, in der Menschenwelt zu Lügen werden, ist zu wichtig, um sie auszulassen. Wenn auch zu philosophisch für die Zielgruppe, würde ich sagen.

Auch die Auswahl von Szenen in Akt 2 ist mit Bedacht getroffen und auch hier sind alle wichtigen Informationen drin, und deutlich drin. Es geht auf der einen Seite sehr schnell, wird aber auf der anderen Seite durch Szenen, in denen recht lange nichts passiert, heruntergebremst, und auch das war eine gute Idee. Okay, warum ausgerechnet Xayide singen muss... Da wäre ein Monolog vielleicht für den Charakter dienlicher gewesen, zumal der Liedtext auch recht kryptisch ist.
Aber die Problematik, dass "Tu, was du willst" eben nicht bedeutet, alles tun zu können, wozu man Lust hat, und dass, wer keine Vergangenheit hat, auch keine Zukunft hat, wird ausreichend deutlich, und das genügt ja für den Zweck des Theaterstücks. Es gibt sogar Anklänge dessen, dass Atreju bei den Wassern des Lebens für Bastian antworten muss, weil der es selber nicht mehr kann, auch wenn der Zusammenhang wegfällt. Und ob jeder verstanden hat, dass der Herr im weißen Kittel Bastians Vater sein soll...
Wirklich erstaunt hat mich vor allem das Auftreten der Mutter. Da muss ich jetzt nochmal nachsehen, ob es da eine Erwähnung im Buch gibt. Oder wenigstens von ihrem Schlaflied... Wenn nicht, dann würde mich interessieren, warum sie das eingebaut haben.

Wie immer spielt ihr zu großen Teilen sehr junges Ensemble ausgezeichnet, wenn auch mit Ausnahme von Bastian (Petya Alabozova), die ihr Spiel realistisch und bodenständig hält, allesamt ein wenig schablonenhaft und eben surrealistisch. Wichtigster Part ist hier natürlich Atreju (Marlina Adeodata Mitterhofer), der mir persönlich ein bisschen zu hyperaktiv einer Bühnenecke zur Anderen gejagt wurde, gefolgt von Fuchur (Andreas Spaniol, spielt auch Artax) und der Kindlichen Kaiserin (Nele Swanton, spielt auch Xayide). Gerade die Kindliche Kaiserin ist darstellerisch immer eine große Herausforderung in jeder Hinsicht, nicht nur für die Schauspielerin, sondern auch für Regie und Ausstattung. Hier wurde sich für eine Darstellung in Anlehnung an ein Kleinkind entschieden, komplett mit Zöpfen und Radschlagen währen des Dialogs - darüber kann man streiten, aber im Rahmen der Inszenierung passte es.

Wie gesagt, unkonventionell, aber sehr gut gemacht. Vor allem inhaltlich, wer das aus dem Buch zusammengestellt hat, Hut ab. Auch wenn für Nicht-Leser sicher nicht alles verständlich war, die Essenz haben sie perfekt festgehalten.

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