Priscilla - Königin der Wüste
Jun. 25th, 2025 10:31 am![[personal profile]](https://www.dreamwidth.org/img/silk/identity/user.png)
Musical von Stephan Elliott und Alan Scott, basierend auf dem gleichnamigen Film, ebenfalls von Stephan Elliott, aus dem Jahr 1994
Es spielt die Freilichtbühne Tecklenburg, in zum Stück passenden hochsommerlichen Temperaturen.
Zuerst: Priscilla ist keine Person, sondern ein Bus. Ein Bus, in dem drei Drag Queens von Sydney nach Alice Springs fahren, um dort im Casino aufzutreten. Unterwegs wird der Bus rosa angestrichen, bricht zusammen und wird notdürftig repariert, so dass am Ende alle doch mit nur einem Tag Verspätung in Alice ankommen. Die Handlung besteht aus den Erlebnissen dieser Reise, ihren Höhen und Tiefen und emotionalen Problemen. Ein klassisches Road Movie also.
Der Grund für die Fahrt ist, dass Tick einen Anruf von seiner Frau Marion bekommt, dass er endlich vorbeikommen und seinen mittlerweile achtjährigen Sohn kennenlernen soll. Um das sicherzustellen, engagiert sie ihn als Showact für ihr Casino. Tick nimmt als Unterstützung den jungen Adam - super-selbstbewusst, große Klappe, keinerlei Empathie oder Sinn für Gefahr, wollte schon immer in Drag auf Uluru steigen und da zum Sommenaufgang performen - und die ältere Bernardette - ehemaliges Mitglied der berühmten Drag-Gruppe Les Girls, gerade verwitwet, melancholisch, aber lebensklug - mit, eine Konstellation, bei der Probleme vorprogrammiert sind, erstrecht, weil beide erst auf der Reise erfahren, dass Tick verheiratet ist und einen Sohn hat.
Adam ist schwul, Tick bisexuell und Bernadette ist eine Transfrau. Das ist gut ausgedacht für ein Stück über (In)Toleranz. Es spielt keine Rolle, in welchem Hintergrund man selbst lebt, oder welchen Vorurteilen man selbst ausgesetzt ist, jeder kann intolerant und respektlos sein. Oder tolerant und respektvoll. Eigene Wahl - eine wichtige Botschaft.
Die Musik besteht aus Hits der letzten Jahrzehnte, alle im Originalton, teilweise von den Protagonisten selbst gesungen, aber öfter vom einem Trio Sängerinnen, die in der Besetzungsliste "Diven" heißen und das dadurch unterstreichen, dass sie bei beinahe jedem Auftritt wieder neue, glitzernde Kleider und Perücken tragen. Rachel Marshall, Bettina Meske, Amber Schoop sind stimmgewaltig, mitreißend und elegant, und schon der Einstieg "It's Raining Men" bringt die Stimmung zum Kochen. Das klappt auch bei jedem mitreißenden Song wieder genauso gut, hat Kraft und setzt schonmal einen sicheren und guten Grundton. Wie immer hat Tecklenburg fast 20 Leute im Orchestergraben (ich habe 18 gezählt beim Schlusspplaus, aber das ist bei einer Reihe Leute in schwarz nicht so ganz einfach). Kurz: Wie immer klingt es großartig. Und bei einer Show wie dieser ist Mitklatschen nicht nur erwünscht sondern zuträglich. Natürlich haben sie auch den obligatorischen Mitmachteil als ersten Song nach der Pause, zu "Thank God I'm a Country Boy", und das funktioniert so gut, dass wir zur Reprise alle direkt wieder aufspringen und wieder mitmachen. Einfach, weil es Spaß macht.
Natürlich hat Tecklenburg auch dieses Jahr wieder eine großartige Statisterie mit straffer, sinnvoller Bewegungsführung, und eine begeisterte Tanzcast. Die Choreographie (Francesc Abós) ist nicht spektakulär, aber dynamisch und abwechslungsreich, passend für die verschienen Szenen und Anforderungen, und wird keine Sekunde langweilig.
Für einige dieser Szenen wurde diese Tanzcast ist sehr, sehr, sehr schräge Kostüme gesteckt (Kostüme: Jens Janke), von denen viele so unverständlich sind, dass sie jedem Ottenthal-Stück Ehre machen würden, aber wenigstens sind sie alle sehr bunt. Auf der anderen Seite gibt es auch jede Menge Tierkostüme, um die Fauna der Wüste darzustellen, und die wiederum sind sehr gut gemacht und sehr spaßig. Einige auch einfach nur sehr süss. Also optisch eine sehr abwechslungsreiche Show.
Kulisse war dieses Jahr etwas schwierig, denn die Freilichtbühne wird von einer Burgruine umrahmt, darum gab es viele Wände in gelb und orange, um das zu überdecken und Wüstenfarben zu suggerieren. Highlight war natürlich Priscilla - ein in drei Teile zerlegbarer, frei beweglicher Bus mit einer offenen und einer geschlossenen Seite, um ihn von innen und außen bespielen zu können. Gut gemachter Kunstgriff: Er hat LED-Lampen auf der Außenhaut. Wenn sie ihn rosa streichen, beleuchten sie ihn anschließend rosa. Später am Abend, wenn es dunkler wird, wird die Farbe durch einen rosafarbenen Scheinwerfer suggeriert. Auch sehr gut gelöst.
Leider vibriert der Bus nicht, so dass nicht wirklich Fahrdynamik aufkommt, was vor allem in der Szene zum Tragen kommt, in der Adam auf dem Dach steht - da wäre vielleicht auch eine kleine Windmaschine auf dem Dach eine gute Möglichkeit gewesen... So krankt die Szene daran, dass sie eben sehr statisch wirkt, das nimmt ihr Kraft und lässt sie in einer ansonsten sehr starken Show zum Durchhänger werden. Für mich persönlich wurde dieser Effekt dadurch unterstützt, dass Adam (Tobias Bieri) in der Szene nicht lippensynchron war - vielleicht war das ein Regie-Statement, da die Rolle nichts von der klassischen lippensynchronen Drag-Inszenierung hält, aber dann frage ich mich, warum Adam dann überhaupt für die Perfromance auf Priscilla steigen sollte. Immerhin macht er sie nur für sich.
Bleiben wir kurz bei Adam - Herr Bieri ist quirlig, respektlos und naiv-jungenhaft, aber er ist nicht feminin genug. Ich hatte das Gefühl, dass die hohen Absätze damit zu tun hatten, aber vielleicht fiel es nur generell in Drag mehr auf, weil es dabei zur Illusion gehört. Zudem hat Adam eine Szene, in der er ausgeht, um sich einen Kerl aufzureißen, und das "im Fummel" tut. Der Sinn der Szene ist, dass er zuerst für eine Frau gehalten wird, und das Ganze eskaliert dann, als herauskommt, dass er ein Mann ist. Es ist eine wichtige Szene sowohl für den Charakter selbst als auch für Bernardette, und sie lebt von eben dieser Glaubwürdigkeit - leider war diese nicht gegeben. Herr Bieri sah in keiner Sekunde auch nur ansatzweise realistisch weiblich aus, noch bewegte er sich so. Weiter wurde der Szene die Wucht dadurch genommen, dass sie extrem stilisiert durch eine Art Tanz mit Brettern dargestellt wurde, und dass Adam die Bedrohung unrelistisch lange nicht ernstnahm. Mir ist unklar, ob das gewollt war, ich persönlich halte nichts davon für eine gute Entscheidung.
Auf der anderen Seite haben wir Gerben Grimmius als Bernardette. Eine wahre Dame, in jeder Lebenslage und in jeder sprachlichen Tonart. Immer perfekte Haltung, und den klassischen Drag-Act beherrscht Herr Grimmius auch perfekt. Sehr beeindruckend, eine ganz andere Klasse als jeder andere auf dieser Bühne - ich denke, dieses Mal ist es gewollt, um zu zeigen, dass Bernardette eine Grand Dame und Großmeisterin dieser Kunst ist - mit den grossen Gesten und der übertriebene Mimik sowohl als beeindruckende Show als auch als starker Gegensatz zur privaten, eher leisen Bernardette. Sie ist charmant, verletzlich, einfach menschlich und Herr Grimmius bringt all die Facetten des Charakters deutlich zum Ausdruck. Bernardette hat viel erlebt, und das merkt man ihr an - ihre beginnende Romanze mit Bob, dem Mechaniker, begeistert sofort das ganze Publikum, was an den Reaktionen auch deutlich zu hören ist.
Auch die Kostümabteilung hat hier wirklich gute Arbeit geleistet. Bernardettes private Kleidung mag glitzern oder ausgefallene Details haben, aber sie hat immer Stil. Selbst das Dragshow-Oufit hat Stil. Deutliches, sehr passendes Statement.
Das lässt als letzten des Trios Tick (Karsten Kenzel). Herr Kenzel spielt die Rolle nur in zwei Shows dieser Saison, was vielleicht erklärt, warum auch sein Drag-Outfit flache Absätze hatte. Ansonsten spielt es aber keinerlei Rolle, denn er hat eine schöne warme Stimme und fährt mit charmanter Unsicherheit sofort die Sympathien ein, die für eine Rolle nötig sind, die eigentlich die Hauptrolle ist, die aber neben den anderen beiden immer mal wieder in den Hintergrund gerät. Ticks Hauptkonflikt ist die Angst davor, dass sein Sohn sich für ihn schämen könnte, und das tritt zu Beginn und Ende der Show deutlich in den Vordergrund, ist aber für die gesamte Reise dazwischen eher unwichtig - Herr Kenzel sorgt dafür, dass es nicht vergessen wird, und dass die Szenen am Ende einen schönen Anschluss an die zum Beginn haben.
Am Ende bewundert man Adam vor allem für seine Unverfrorenheit, Bernadette für ihre Stärke und ihr gutes Herz und Tick dafür, dass ihm die Hoffnung nie ausgeht. Verschiedene Reaktionen auf eine oft feindselige Umgebung.
Größere Nebenrollen gibt es natürlich auch, vor allem Bob (Benjamin Eberling), der Mechaniker und Gentleman alter Schule, seine schrille (Ex)Frau Cynthia (Guilia Fabris) mit ihrem Tischtennisball-Trick und Miss Verständnis (Michael B. Sattler), den/die Converencier des Dragclubs in Sydney. Einzig Herrn Eberlings Rolle hat Tiefgang und Entwicklung, lässt an das Gute im Menschen glauben, und wird von ihm sehr feinfühlig und berührend dargstellt. Die anderen beiden sind plakativ und für die Show zuständig, aber auch das ist eine nicht zu unterschätzende Leistung und sehr beeindruckend.
Nochmaliger Hinweis drauf, dass das Quellenmaterial der Show von 1994 ist und dass das Ganze wahrscheinlich auch genau zu dieser Zeit spielt. Das macht es nicht weniger aktuell (leider gerade mal wieder nicht...), aber es erklärt Dinge wie auf Uluru steigen zu wollen, und Menschen, die sich in "Ureinwohner-Kostüme" werfen, damit die Touristen etwas zum Fotographieren haben. Das würde man heute sicher anders planen, und man muss es im Kontext der Zeit sehen.
Wie immer, Teckenburg ist die Fahrt wert. Toller Abend.
Es spielt die Freilichtbühne Tecklenburg, in zum Stück passenden hochsommerlichen Temperaturen.
Zuerst: Priscilla ist keine Person, sondern ein Bus. Ein Bus, in dem drei Drag Queens von Sydney nach Alice Springs fahren, um dort im Casino aufzutreten. Unterwegs wird der Bus rosa angestrichen, bricht zusammen und wird notdürftig repariert, so dass am Ende alle doch mit nur einem Tag Verspätung in Alice ankommen. Die Handlung besteht aus den Erlebnissen dieser Reise, ihren Höhen und Tiefen und emotionalen Problemen. Ein klassisches Road Movie also.
Der Grund für die Fahrt ist, dass Tick einen Anruf von seiner Frau Marion bekommt, dass er endlich vorbeikommen und seinen mittlerweile achtjährigen Sohn kennenlernen soll. Um das sicherzustellen, engagiert sie ihn als Showact für ihr Casino. Tick nimmt als Unterstützung den jungen Adam - super-selbstbewusst, große Klappe, keinerlei Empathie oder Sinn für Gefahr, wollte schon immer in Drag auf Uluru steigen und da zum Sommenaufgang performen - und die ältere Bernardette - ehemaliges Mitglied der berühmten Drag-Gruppe Les Girls, gerade verwitwet, melancholisch, aber lebensklug - mit, eine Konstellation, bei der Probleme vorprogrammiert sind, erstrecht, weil beide erst auf der Reise erfahren, dass Tick verheiratet ist und einen Sohn hat.
Adam ist schwul, Tick bisexuell und Bernadette ist eine Transfrau. Das ist gut ausgedacht für ein Stück über (In)Toleranz. Es spielt keine Rolle, in welchem Hintergrund man selbst lebt, oder welchen Vorurteilen man selbst ausgesetzt ist, jeder kann intolerant und respektlos sein. Oder tolerant und respektvoll. Eigene Wahl - eine wichtige Botschaft.
Die Musik besteht aus Hits der letzten Jahrzehnte, alle im Originalton, teilweise von den Protagonisten selbst gesungen, aber öfter vom einem Trio Sängerinnen, die in der Besetzungsliste "Diven" heißen und das dadurch unterstreichen, dass sie bei beinahe jedem Auftritt wieder neue, glitzernde Kleider und Perücken tragen. Rachel Marshall, Bettina Meske, Amber Schoop sind stimmgewaltig, mitreißend und elegant, und schon der Einstieg "It's Raining Men" bringt die Stimmung zum Kochen. Das klappt auch bei jedem mitreißenden Song wieder genauso gut, hat Kraft und setzt schonmal einen sicheren und guten Grundton. Wie immer hat Tecklenburg fast 20 Leute im Orchestergraben (ich habe 18 gezählt beim Schlusspplaus, aber das ist bei einer Reihe Leute in schwarz nicht so ganz einfach). Kurz: Wie immer klingt es großartig. Und bei einer Show wie dieser ist Mitklatschen nicht nur erwünscht sondern zuträglich. Natürlich haben sie auch den obligatorischen Mitmachteil als ersten Song nach der Pause, zu "Thank God I'm a Country Boy", und das funktioniert so gut, dass wir zur Reprise alle direkt wieder aufspringen und wieder mitmachen. Einfach, weil es Spaß macht.
Natürlich hat Tecklenburg auch dieses Jahr wieder eine großartige Statisterie mit straffer, sinnvoller Bewegungsführung, und eine begeisterte Tanzcast. Die Choreographie (Francesc Abós) ist nicht spektakulär, aber dynamisch und abwechslungsreich, passend für die verschienen Szenen und Anforderungen, und wird keine Sekunde langweilig.
Für einige dieser Szenen wurde diese Tanzcast ist sehr, sehr, sehr schräge Kostüme gesteckt (Kostüme: Jens Janke), von denen viele so unverständlich sind, dass sie jedem Ottenthal-Stück Ehre machen würden, aber wenigstens sind sie alle sehr bunt. Auf der anderen Seite gibt es auch jede Menge Tierkostüme, um die Fauna der Wüste darzustellen, und die wiederum sind sehr gut gemacht und sehr spaßig. Einige auch einfach nur sehr süss. Also optisch eine sehr abwechslungsreiche Show.
Kulisse war dieses Jahr etwas schwierig, denn die Freilichtbühne wird von einer Burgruine umrahmt, darum gab es viele Wände in gelb und orange, um das zu überdecken und Wüstenfarben zu suggerieren. Highlight war natürlich Priscilla - ein in drei Teile zerlegbarer, frei beweglicher Bus mit einer offenen und einer geschlossenen Seite, um ihn von innen und außen bespielen zu können. Gut gemachter Kunstgriff: Er hat LED-Lampen auf der Außenhaut. Wenn sie ihn rosa streichen, beleuchten sie ihn anschließend rosa. Später am Abend, wenn es dunkler wird, wird die Farbe durch einen rosafarbenen Scheinwerfer suggeriert. Auch sehr gut gelöst.
Leider vibriert der Bus nicht, so dass nicht wirklich Fahrdynamik aufkommt, was vor allem in der Szene zum Tragen kommt, in der Adam auf dem Dach steht - da wäre vielleicht auch eine kleine Windmaschine auf dem Dach eine gute Möglichkeit gewesen... So krankt die Szene daran, dass sie eben sehr statisch wirkt, das nimmt ihr Kraft und lässt sie in einer ansonsten sehr starken Show zum Durchhänger werden. Für mich persönlich wurde dieser Effekt dadurch unterstützt, dass Adam (Tobias Bieri) in der Szene nicht lippensynchron war - vielleicht war das ein Regie-Statement, da die Rolle nichts von der klassischen lippensynchronen Drag-Inszenierung hält, aber dann frage ich mich, warum Adam dann überhaupt für die Perfromance auf Priscilla steigen sollte. Immerhin macht er sie nur für sich.
Bleiben wir kurz bei Adam - Herr Bieri ist quirlig, respektlos und naiv-jungenhaft, aber er ist nicht feminin genug. Ich hatte das Gefühl, dass die hohen Absätze damit zu tun hatten, aber vielleicht fiel es nur generell in Drag mehr auf, weil es dabei zur Illusion gehört. Zudem hat Adam eine Szene, in der er ausgeht, um sich einen Kerl aufzureißen, und das "im Fummel" tut. Der Sinn der Szene ist, dass er zuerst für eine Frau gehalten wird, und das Ganze eskaliert dann, als herauskommt, dass er ein Mann ist. Es ist eine wichtige Szene sowohl für den Charakter selbst als auch für Bernardette, und sie lebt von eben dieser Glaubwürdigkeit - leider war diese nicht gegeben. Herr Bieri sah in keiner Sekunde auch nur ansatzweise realistisch weiblich aus, noch bewegte er sich so. Weiter wurde der Szene die Wucht dadurch genommen, dass sie extrem stilisiert durch eine Art Tanz mit Brettern dargestellt wurde, und dass Adam die Bedrohung unrelistisch lange nicht ernstnahm. Mir ist unklar, ob das gewollt war, ich persönlich halte nichts davon für eine gute Entscheidung.
Auf der anderen Seite haben wir Gerben Grimmius als Bernardette. Eine wahre Dame, in jeder Lebenslage und in jeder sprachlichen Tonart. Immer perfekte Haltung, und den klassischen Drag-Act beherrscht Herr Grimmius auch perfekt. Sehr beeindruckend, eine ganz andere Klasse als jeder andere auf dieser Bühne - ich denke, dieses Mal ist es gewollt, um zu zeigen, dass Bernardette eine Grand Dame und Großmeisterin dieser Kunst ist - mit den grossen Gesten und der übertriebene Mimik sowohl als beeindruckende Show als auch als starker Gegensatz zur privaten, eher leisen Bernardette. Sie ist charmant, verletzlich, einfach menschlich und Herr Grimmius bringt all die Facetten des Charakters deutlich zum Ausdruck. Bernardette hat viel erlebt, und das merkt man ihr an - ihre beginnende Romanze mit Bob, dem Mechaniker, begeistert sofort das ganze Publikum, was an den Reaktionen auch deutlich zu hören ist.
Auch die Kostümabteilung hat hier wirklich gute Arbeit geleistet. Bernardettes private Kleidung mag glitzern oder ausgefallene Details haben, aber sie hat immer Stil. Selbst das Dragshow-Oufit hat Stil. Deutliches, sehr passendes Statement.
Das lässt als letzten des Trios Tick (Karsten Kenzel). Herr Kenzel spielt die Rolle nur in zwei Shows dieser Saison, was vielleicht erklärt, warum auch sein Drag-Outfit flache Absätze hatte. Ansonsten spielt es aber keinerlei Rolle, denn er hat eine schöne warme Stimme und fährt mit charmanter Unsicherheit sofort die Sympathien ein, die für eine Rolle nötig sind, die eigentlich die Hauptrolle ist, die aber neben den anderen beiden immer mal wieder in den Hintergrund gerät. Ticks Hauptkonflikt ist die Angst davor, dass sein Sohn sich für ihn schämen könnte, und das tritt zu Beginn und Ende der Show deutlich in den Vordergrund, ist aber für die gesamte Reise dazwischen eher unwichtig - Herr Kenzel sorgt dafür, dass es nicht vergessen wird, und dass die Szenen am Ende einen schönen Anschluss an die zum Beginn haben.
Am Ende bewundert man Adam vor allem für seine Unverfrorenheit, Bernadette für ihre Stärke und ihr gutes Herz und Tick dafür, dass ihm die Hoffnung nie ausgeht. Verschiedene Reaktionen auf eine oft feindselige Umgebung.
Größere Nebenrollen gibt es natürlich auch, vor allem Bob (Benjamin Eberling), der Mechaniker und Gentleman alter Schule, seine schrille (Ex)Frau Cynthia (Guilia Fabris) mit ihrem Tischtennisball-Trick und Miss Verständnis (Michael B. Sattler), den/die Converencier des Dragclubs in Sydney. Einzig Herrn Eberlings Rolle hat Tiefgang und Entwicklung, lässt an das Gute im Menschen glauben, und wird von ihm sehr feinfühlig und berührend dargstellt. Die anderen beiden sind plakativ und für die Show zuständig, aber auch das ist eine nicht zu unterschätzende Leistung und sehr beeindruckend.
Nochmaliger Hinweis drauf, dass das Quellenmaterial der Show von 1994 ist und dass das Ganze wahrscheinlich auch genau zu dieser Zeit spielt. Das macht es nicht weniger aktuell (leider gerade mal wieder nicht...), aber es erklärt Dinge wie auf Uluru steigen zu wollen, und Menschen, die sich in "Ureinwohner-Kostüme" werfen, damit die Touristen etwas zum Fotographieren haben. Das würde man heute sicher anders planen, und man muss es im Kontext der Zeit sehen.
Wie immer, Teckenburg ist die Fahrt wert. Toller Abend.