Apr. 6th, 2014

Neverwhere

Apr. 6th, 2014 11:17 am
blauerfalke: (foto)
6teilige BBC-Serie von 1996

Ich tue mich schwer mit Neil Gaimans Romanen, aber "Neverwhere" ist die Ausnahme. Und weil offenbar genug andere Leute "Neverwhere" auch mochten, hat es sich für die BBC gelohnt, es zu verfilmen. Um ehrlich zu sein, ich hätte die Serie nach dem Look noch gut vier Jahre älter geschätzt... das impliziert natürlich auch, dass sie dated aussieht und dass ihre Special Effekts heute eher bemüht wirken, aber im Rahmen ihrer Möglichkeiten haben sie Großes geleistet.

EDIT: Okay, es war erst eine Serie und dann ein Buch. Also sind die nächsten beiden Absätze meiner Unwissenheit geschuldet und damit unfreiwillig komisch. Ich lasse sie trotzdem zur allgemeinen Erheiterung drin.

Auch wenn ich wusste, dass Neil Gaiman am Drehbuch mitgearbeitet hat, war ich überrascht davon, wie genau sich die BBC ans Buch hält. Reihenfolgen werden nicht immer genau eingehalten und vieles ist weggefallen, aber alles Wichtige ist da und nichts in der Handlung wurde nur für den Schaueffekt ergänzt, wie man das heutzutage so gerne macht. Nicht einmal der Kampf zwischen Hunter und dem Great Beast of London wurde verlängert. Eine Attacke, das wars. Exakt genauso wie im Buch. Dass sie also der Handlung treu bleiben, eröffnet ihnen die Chance, auch dem Flair und den vielen seltsamen Details von Lodon Below treu zu bleiben. Außerdem haben sie offenbar an den Originalschausplätzen gedreht und das macht das Gefühl von London nur noch stärker. Für mich war das immer die stärkste Seite des Buchs. Es ist London. Auf allen Ebenen.

Außerdem bleiben sie ihren Charakteren absolut treu, und das ist für mich immer wichtig. Sie sprechen über fast die komplette Zeit so akurat die Buchdialoge, dass man mitlesen könnte (einige sind natürlich gekürzt oder fehlen), und somit sind sie so nah dran wie nur möglich.
Nicht jeder sieht so aus, wie ich ihn mir vorstelle, und nicht jeder hat die richtige Haarfarbe, aber sie sind durch die Bank großartig besetzt. Bei mehreren Schauspielern war ich der Meinung, dass ich sie irgendwo her kennen müsste, aber selbst nach Kontrolle der Filmographien kann ich mir nicht erklären, woher. Macht aber auch nichts. Nur bei Peter Capaldi (Islington) ist es klar, weil der der neue Dr. Who wird und darum recht viel in den Medien war im letzten Jahr. Clive Russel (Mr. Vandemaar) hat tatsächlich in einer Menge Filme mitgespielt, die ich kenne, aber nicht gesehen habe, und in zwei oder drei, die ich gesehen habe, wo er aber nur sehr keine Nebenrollen gespielt hat. Ich musste sogar eine halbe Minute nachdenken, zu welcher Gelegenheit Lancelot's Vater in "King Arthur" überhaupt vorkommen sollte.
Egal, die drei Bösewichte - inclusive Hwyl Bennet (Mr. Croup) machen ihre Sache toll, auf der ganzen Bandbreite ihrer übernatürlichen und rätselhaften Charaktere. Laura Fraser (Door) sieht vollkommen anders aus, als ich mir Door vorgestellt hatte, hat aber die richtigen Augen, und die sind in ihrer Beschreibung ja beinahe das Wichtigste. Sie wirkt zerbrechlich, läßt aber dennoch nie vergessen, wie stark sie ist, auch wenn sie dabei grausam erscheint. Tanya Moodie (Hunter) und Gary Bakewell (Richard) haben die einfachsten Parts. Die große Jägerin und der schüchterne Langweiler, der Selbstbewußtsein entwickelt, sind keine besonders innovativen Rollen, aber Richard ist die Hauptperson, und durch seine Augen wird die Handlung erzählt, und das gibt ihm eine gewisse Verantwortung als stimmiger Charakter.

Und dann ist da natürlich noch der Marquis de Carabas, dargestellt von Paterson Joseph, der die wohl schillderndste und charismatischste Figur des Romans ist. Eine Abräumerrolle noch dazu. Zunächst möchte ich sagen, dass ich es gut finde, dass sie ihn tatsächlich, wie erforderlich, schwarz besetzt haben. Das ist bei solchen Rollen ja auch nicht immer selbstverständlich, dass das Casting dem Buch treu bleibt. Und noch viel mehr Achtung zolle ich ihnen dafür, dass sie tatsächlich jemanden gefunden haben, der genau das richtige katzenhafte Grinsen besitzt. Immerhin sind die Ansprüche hoch. Es ist nicht einfach, einen Charakter darzustellen, der alles, wirklich alles, was er tut, verwegen und romantisch aussehen läßt. Aber Paterson Joseph gelingt das tatsächlich. Hut ab.

Wie gesagt, es wirkt dated, aber auch das gehört dazu. London sah halt 1996 so aus.
blauerfalke: (geschichten)
von Terry Pratchett

Mit Terry Pratchetts Romanen tue ich mir noch viel schwerer. Kurzs gesagt, sie sind mir zu leer. Während man sie liest, sind sie unterhaltsam und amüsant, aber sie hinterlassen am Ende ein "Ja, und?"-Gefühl, dass ich nicht mag. Wie ein Popcorn-Movie. Wie sinnlos fernsehn oder rumsurfen, weil man sich zu nichts Anderem aufraffen kann. Das hat sicher seine Berechtigung, aber mit Büchern kann ich das nicht. Ich muss allerdings sagen, dass ich es nur mit Scheibenwelt-Romanen versucht habe. Vielleicht sollte ich einfach mal einen Roman von Pratchett lesen, der damit nichts zu tun hat.

Das Kurzgeschichten-Buch enthält Scheibenwelt-Geschichten und Geschichten, die nicht auf der Scheibenwelt spielen. Drei kannte ich sogar, wahrscheinlich aus anderen Anthologien. Eine ist "scheibenweltartig", denn Tod kommt vor, und die fand ich amüsant, auch wenn ich, als ich sie zum ersten Mal las, noch nie etwas von der Scheibenwelt gehört hatte.

Die Geschichten, die nicht zur Scheibenwelt gehören, mochte ich lieber, denn die hatten mehr Substanz, auch wenn ich gelernt habe, dass Scheibenwelt-Kurzgeschichten okay für mich sind. Wahrscheinlich, weil sie kurz sind und es mir dann nichts ausmacht, wenn nichts passiert und auch die Charaktere sich weder weiterentwickeln noch etwas Besonderes über sie gesagt wird. Schließlich schreibe ich ja auch oft genug selbst Kurzgeschichten, auf die das zutrifft. Also habe ich wohl einfach an Kurzgeschichten geringere Ansprüche als an Romane.

Wenigstens hat die Sammlung gezeigt, dass Terry Pratchett auch anders kann. Mehr als lustige Details schreiben. Aber wahrscheinlich ist genau das der Anspruch der Scheibenwelt. Ich kann damit leben, der einzige Mensch der Welt zu sein, der damit nichts anfangen kann, keine Sorge.
blauerfalke: (erzählen)
Doku von arte, von 2005 oder 2008, so genau konnte die ich die Zahl im Abspann nicht lesen

Sie haben tolle Bilder von Tintagel, Winchester, Glastonbury, der Wartburg, Oxford, London und auch von Cadbury Castle. Sie haben Experten wie Martin Biddle (Archäologe), Christina Hardyment (Schriftstellerin, hat eine Biography von Sir Thomas Malory geschrieben), Rudolf Simek (Literaturhistoriker) und Geoffry Ashe (weltführender Artus-Experte). Jeder von ihnen trägt interessante, fundierte und relevante Dinge zur Sendung bei. Sie haben auch noch eine thüringische Ritterschaft, die durchs Bild galoppiert oder um eine runde Tafel sitzt (warum sie das in voller Rüstung tun müssen, ist mir nicht klar, aber bitte...). Mit anderen Worten, der Ansatz war super. Die Sendung hangelt sich durch die Handlung der Legende und durch die Literaturhistorie, sprich, sie decken auch noch die wichtigsten Informationen zu den wichtigsten Autoren mit ab. Alles sehr gut geplant.

Und dann kam der deutsche Audiokommentar. Nicht nur, dass wir nacheinander erfahren, dass Artus von Geoffrey of Monmouth erfunden wurde und von Sir Thomas Malory, und dass uns dann Mr Ashe wie erwartet erzählt, dass die Ursprünge der Legende sehr viel älter sind und aus Wales stammen. Nicht nur, dass der Untergang des großen Reiches nacheinander der Tatsache, dass Artus nicht einer freiwilligen Verbindung aus Liebe sondern einer Betrügerei enstammt, dass er mit seiner Schwester ein Kind gezeugt hat, und dass seine Königin ihn mit Lancelot betrogen hat, zugeschrieben hat, und Mordred dann auch noch kurz als Zusatz erwähnt wird. Nein, sie wollen uns auch noch weismachen, dass die Chronik der Schlacht von Camlann auf Artur's Stone bei Slaughterbridge geschrieben steht. Die Übersetzungen dessen, was die Experten sagen, ist bestenfalls schlampig und stellenweise einfach falsch. Mr Ashe zum Beispiel trägt die lateinische Inschrift des metallenen Kreuzes von Glastonbury vor und übersetzt sie dann ins Englische, während die deutsche Überblendung eine ganz andere Übersetzung präsentiert. "auf der Insel Avalon" ist eben nicht dasselbe wie "von der Insel Avalon". Ob Avalon dann tatsächlich nach dem einem keltischen Gott der Unterwelt benannt wurde, möchte ich dann lieber gar nicht mehr wissen. Ich würde sagen, nach der Doku ist es unwahrscheinlich, eben weil genau diese Doku das sagt.
Wenigstens Herrn Simek bekommt man unübersetzt, denn der spricht ja deutsch, und das hebt die Qualität der Sendung sofort deutlich. Schön wärs, wenn man die britischen Experten ebenfalls im Original hören könnte, ohne die störende deutsche Stimme darüber. Informativer wär's sicher.

Falls das nicht geht, wäre es schön gewesen, wenn die Redaktion ihren Experten zugehört hätte, anstatt sich ihren eigenen Kram zusammenzuschustern.

Naja, wenigstens können wir ihnen wohl in einem zustimmen: die Geschichte wird so schnell nicht in der Versenkung verschwinden.

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